Für Fritz Breuss ist die Sache eigentlich klar: Österreichs Top-Rating sei nicht gefährdet, sagt der Wifo-Ökonom. Als Wirtschaftsforscher mit Sinn für Humor weiß er aber auch: "Prognosen sind bekanntlich immer falsch." Das Standard-Montagsgespräch zum Thema "Österreich und der Kampf um den Euro" stand daher ganz im Zeichen der europäischen Schuldenkrise und der Position Österreichs im internationalen Vergleich.

Für Nationalbank-Expertin Helene Schuberth befindet sich Österreich noch in einer vergleichsweise "komfortablen Position". "Wenn man sich die Fundamentaldaten ansieht, muss man klar sagen: Nein, das Rating ist nicht gefährdet." Österreich habe die Krise gut überstanden, liege beim Wachstum besser als andere Länder und weise eine niedrige Arbeitslosenrate aus. Dass die Risikoaufschläge im Vergleich zu Deutschland zuletzt deutlich gestiegen sind, ist für sie nicht dramatisch. Schließlich seien die heimischen Zinsen in den letzten Monaten nicht stark gestiegen, sondern die deutschen Renditen seien deutlich gesunken.

Nicht ganz so entspannt sieht Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), die Lage. Im Gegensatz zu Deutschland bleibe die heimische Schuldenquote (aktuell sind es rund 73 Prozent der Wirtschaftsleistung) bis 2016 auf hohem Niveau. Die Risikoaufschläge seien sehr wohl ein "Warnsignal". "Wir können nicht glauben, dass das Triple-A für alle Zeiten gepachtet ist."

Schuberth kritisierte, dass Europa bei der Regulierung der Ratingagenturen deutlich langsamer unterwegs sei als die USA. Ex-EU-Kommissar Franz Fischler warnte aber davor, "den Überbringer der schlechten Nachricht einen Kopf kürzer zu machen". Es könne schließlich auch nicht sein, dass die Politik selbst über Ratings entscheide. Wobei die Marktmacht der Agenturen auch ihm ein Dorn im Auge sei. Er bezweifle, dass nicht einige "Spieler" vorzeitig über die Ratingergebnisse informiert seien und so ihr Insiderwissen zu Geld machen.

Einig waren sich die Teilnehmer der von Standard-Kolumnist Gerfried Sperl moderierten Diskussion, dass eine Schuldenbremse, wie sie jetzt diskutiert wird, grundsätzlich sinnvoll sei. Vor allem in guten Zeiten, wie Fischler betonte. "Man konnte sich in Österreich immer schnell darauf verständigen, in Abschwungphasen Schulden zu machen. Man konnte sich aber nicht darauf verständigen, das in Aufschwungphasen zu kompensieren."

Für Breuss ist auch klar, dass die Politik mit einer Schuldenbremse Kompetenzen abgibt und Wahlgeschenke schwieriger werden. Für Felderer hätte sogar eine noch weiter gehende Variante Charme: Ein reines Expertengremium könnte für jedes Jahr das zulässige Defizit festlegen.

Trotz aller Debatten in Österreich ist für Breuss unstrittig, dass die wirklichen Probleme anderswo lauern. "Italien ist Gründungsmitglied der EU und wird nicht pleitegehen. Es wird gerettet - mit allen Mitteln." Was das bedeutet, machte Felderer klar: "Letzten Endes kann nur die EZB den Karren aus dem Dreck ziehen." Eine noch lockere Geldpolitik sei zwar mit höherer Inflation verbunden. Aber wenn Deutschland nicht auf diesen Kurs einlenke - "dann haben wir ein wirkliches Problem". (Günther Oswald, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 16.11.2011)