Gut, dass die Regierung im Dienste der Schuldenbremse "Förderungen durchforsten" will. - Ein Blick auf die öffentlichen Zuwendungen an die Parteien könnte lohnend sein.

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Es ist ein idyllischer Ort: "Wer das 40.000 Quadratmeter große Areal betritt, lässt den Großstadttrubel hinter sich, findet sich in einer Geist und Körper belebenden Grünoase wieder: in einem mystischen, von zahllosen Eichkätzchen bewohnten, riesigen Park, der an den Oberstgartenmeister von Kaiserin Maria Theresia erinnert." Die Rede ist von einer Akademie - allerdings nicht von der von Kahlschlag bedrohten Österreichischen Akademie der Wissenschaften, sondern von der "politischen Akademie", der Parteiakademie der ÖVP.

Im Budget jener anderen Akademie hat sich als Folge einer kürzlich getroffenen "Leistungsvereinbarung" mit dem Wissenschaftsministerium bereits für das nächste Jahr eine Finanzierungslücke von elf bis zwölf Millionen Euro (entsprechend 300 von derzeit insgesamt etwa 900 Vollzeitstellen) aufgetan. Auch exzellent evaluierte Institute stehen so vor der Schließung. Die öffentliche Förderung der Parteiakademien (wer evaluiert eigentlich Parteiakademien?) beträgt aktuell knapp über elf Millionen Euro. Eine Milchmädchenrechnung? Gewiss. Aber eine, für die gute Gründe sprechen.

Umverteilung ...

Damit zur Ausgangslage: In Zeiten einer sich verschärfenden Wirtschaftskrise wird der Wettbewerb um öffentliche Mittel härter, der Rechtfertigungsdruck für den Mitteleinsatz steigt. Staatliche Ausgaben müssen gekürzt, Gürtel enger geschnallt, Institutionen schlanker aufgestellt werden. Allenfalls für Bildung und Forschung, so wird versichert, könne es zusätzliche Mittel geben. Die Botschaft hört man wohl, man hörte sie schön öfter.

Dabei fehlt es sicher nicht am guten Willen, oder jedenfalls nicht an den entsprechenden Worten, Ankündigungen und Zielen. Bis 2020, so will es die Bundesregierung, soll Österreich seine Forschungsausgaben so weit steigern, dass das Land zur Forschungs-Weltspitze aufschließen kann. Tatsächlich schlug sich die heimische Forschung bisher gar nicht so schlecht. Aber die Forschungsquote kommt nicht vom Fleck - allein bis zum Jahr 2015 fehlen 420 Millionen. Den notorisch unterdotierten Universitäten werden immer neue Lasten aufgebürdet, zahlreiche außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mussten schließen, das Budget des FWF stagniert und ist ab 2014 von Kürzung bedroht. Hannes Androsch, Vorsitzender des Rats für Forschung und Technologieentwicklung, bringt die Situation in ein treffendes Bild: "Es ist, als würden wir eine Dose nur vor uns her kicken".

Nun kann man freilich in Zeiten einer unsicheren Wirtschaftsentwicklung nicht erwarten, dass forschungspolitische Bäume in den Himmel wachsen. Dauert die Krise an, so müssen alle Bereiche des öffentlichen Lebens nach Einsparungsmöglichkeiten durchforstet werden. Was also liegt näher, als die notwendigen schmerzlichen Einschnitte zunächst dort vorzunehmen, wo Österreich nicht nur längst zur Weltspitze zählt, sondern diesen Spitzenplatz auch beharrlich verteidigt? Es sind dies - erraten - die Ausgaben zur Förderung der politischen Parteien.

Bis heute leistet sich Österreich eines der teuersten Parteifördersysteme der westlichen Welt. Allein die staatliche Direktförderung lag 2009 über jener in Deutschland - in absoluten Zahlen, wohlgemerkt. Kombiniert wird diese fürstliche Finanzausstattung mit ebenso großzügigen Regelungen für die Offenlegung von Spenden. Eine schwedische Studie ermittelte für Österreich einen Transparenzwert von exakt null - und damit den letzten Platz aller untersuchten Staaten, inklusive Albanien und Bangladesch. Franz Fiedler, Vorsitzender von Transparency International Österreich, sieht in den österreichischen Regelungen ein "Einfallstor für Korruption".

Dass politische Parteien einer staatlichen Unterstützung bedürfen, ist unbestritten, aber der Nutzen hoher Förderungen bleibt fraglich, auch und vor allem in Zeiten der Krise. Je opulenter staatliche Zahlungen hier ausfallen, desto stärker dehnt sich auch der Einfluss der Apparate aus, desto mehr Pfründen und Besitzstände gilt es abzusichern, desto unflexibler lässt sich auf neue Herausforderungen reagieren. Der deutsche Politologe Karl-Heinz Naßmacher hat vor weniger Jahren Indexwerte ermittelt, um die unterschiedlichen Förderleistungen in Relation zu Wirtschaftsleistung und Bevölkerungsstärke zu vergleichen. Österreich kam mit einem Indexwert von 2.66 auf Platz zwei, knapp hinter Spitzenreiter Japan (2.7), und noch vor Israel und Italien. Länder wie die Niederlande, Dänemark, Kanada oder die Schweiz dagegen rangieren (mit Indexwerten zwischen 0.22 und 0.46) am anderen Ende der Skala. Die Studie weckt den Verdacht, dass hohe Parteiaufwendungen nur schwach mit "good governance" korrelieren, stark dafür mit Korruptionsanfälligkeit und Reformstarre.

... einmal anders

Jeder aufrechte Demokrat wird der ÖVP ihr Springer-Schlössl samt mystischem Park, Oberstgartenmeister und Eichkätzchen gönnen, der SPÖ das nicht minder üppig ausgestattete Renner-Institut, den Grünen ihre Bildungswerkstatt und den Freiheitlichen ihre blauen und orangen Akademien. Fortbildungsstätten sind ein wesentliches Element zur Erhaltung der Qualität politischer Arbeit. Gerade deshalb sollte den Parteien daran gelegen sein, in diese Qualität zu investieren. Man muss die Kürzungen ja nicht ausgerechnet dort vornehmen.

Ist es ungehörig, wenn man erwartet oder zumindest appelliert, dass die österreichischen Parteien ihre Akademien - wie in vielen anderen Ländern Europas üblich - aus ihrer ohnehin üppigen Zivilliste finanzieren und diese Mittel für die Forschung freigeben? Es handelt sich um drei bis vier Prozent der Gesamteinnahmen (2009), jedenfalls der offiziell deklarierten. Immerhin könnten sie auf diese Weise - zugegebenermaßen naiv gedacht - öffentlichkeitswirksam in Zukunft investieren und einen Eigenbeitrag in Zeiten der Krise leisten. Weltspitze bleiben sie ohnehin. (Christoph Landerer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2011)