Wien - Das Mädchen Momo lebt in einem verlassenen Theater, kann gut zuhören und hat drei beste Freunde: Den Straßenkehrer Beppo, den Musiker Gigi und den Restaurantbesitzer Nino. Jeden Tag treffen sie sich zum Spielen, Tagträumen und Spaßhaben. Doch eine dunkle Macht taucht in der Stadt auf: die grauen Herren, die den Menschen die Zeit stehlen. Als Momos Freunde in ihre Fänge geraten, kann nur noch der Hüter der Zeit helfen, indem er Momo seine Schildkröte schickt. Gemeinsam wollen sie die Zeit der Menschen retten.

Michael Endes berühmter Roman ist in einer neuen, zeitgenössischen Musiktheater-Adaption unter der Regie von Sara Ostertag im Rahmen von Wien Modern im Dschungel Wien zu sehen. Momo oder die Legende vom Jetzt, die vom jungen Ensemble teils in der dritten Person erzählt, teils gespielt wird, ist in ihren Handlungsgrundzügen unverändert, hinzu kommen Tanz, Gesang und zeitgenössische Musik, die Hannes Dufek komponiert hat.

Endes Werk bereits zu kennen schadet nicht, geht es in dieser modernisierten Momo doch weniger um eine klassische Erzählung, als um den Ausdruck von Gefühlen: Mit Musik und Bewegung wird der Kontrast zwischen der Lebensweise der grauen Herren und jener von Momo dargestellt: Gleichgeschalteter Tanz und strenger Rhythmus thematisieren Beklemmung und Zeitdruck, während ein fröhliches Durcheinander von Bewegung und Stimmen die kindliche Freiheit ausdrückt. Erstaunlich harmonisch verbinden sich da elektronische Musik mit Livemusik, Rap und Beatboxing mit Pop- und Operngesang, schrille mit melodischen Tönen.

Mit großer Spielfreude treiben fünf Schauspieler und eine Sängerin in wechselnden Rollen das temporeiche Stück voran. Besonderen Zauber versprüht das fantasievolle Bühnenbild (Bühne/Kostüm: Christian Schlechter, Birgit Kellner), das mit wenig Materialaufwand beeindruckende Effekte erzielt: Bewegliche Kuben stellen Häuserschluchten wie Sitzbänke dar, Bühnenrauch verdeutlicht Kälte. Eine Videoprojektion ermöglicht den Blick auf die Stundenblumen, die Momo in einem Aquarium betrachtet. (Sabina Zeithammer, DER STANDARD/Printausgabe 17. November 2011)