Die Anrainer können Vorschläge einbringen.

Ansichtssache:
Anrainer sollen mitgestalten

Foto: Max Daublebsky/derStandard.at

Nicht im Boxring, aber im Dialog mit besorgten Anrainern fand sich Maria Vassilakou beim ersten Tag des Beteiligungsverfahrens wieder.

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Wien - Weil sie keine Vergleiche will, nennt Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) auch keine Modelle aus anderen Städten für eine verkehrsberuhigte Mariahilfer Straße. Damit die Wiener unbeeinflusst ihren ureigenen Stil finden können, verrät sie auch nicht die von ihr favorisierte Variante aus den drei Konzepten, die am Donnerstag im ersten Dialogforum im Hofmobiliendepot vorgestellt wurden.

Die drei Lösungsvorschläge, die den Autoverkehr in der hochfrequentierten Einkaufsstraße eindämmen sollen:

  • Reine Fußgängerzone: Vorgesehen wäre diese Variante für den unteren Abschnitt zwischen Andreasgasse und Stiftgasse. Radfahrer könnten weiterhin fahren, Zuliefer- und Anrainerverkehr wären ebenso möglich.
  • Shared Space: In diesem Konzept wären alle Verkehrsteilnehmer - also Fußgänger, Rad- und Autofahrer sowie öffentliche Verkehrsmittel - gleichberechtigt unterwegs. Dafür müsste die 1,8 Kilometer lange Mariahilfer Straße niveaufrei gemacht werden, Ampeln und Verkehrszeichen gäbe es kaum. Autos müssten auf 20 Kilometer pro Stunde drosseln. Ob diese Variante überhaupt für die gesamte Straße umsetzbar ist, sollen Experten prüfen, denn es würde sich laut Vassilakou "um das weltweit längste Shared-Space-Modell" handeln.
  • Mischform: Bei dieser Möglichkeit wäre der Abschnitt zwischen Theobaldgasse und Gürtel prinzipiell autofrei, Querungen wären jedoch möglich. Die Kreuzungsbereiche würden dem Shared Space Ansatz entsprechen. Auch hier wären Liefer- und Anrainerverkehr gewährleistet.

Das ist besonders der Wiener Wirtschaftskammer ein Anliegen, die befürchtet, der Branchenmix auf der Shoppingmeile könnte unter der Umwandlung leiden. Man müsse nur die Kärtnerstraße oder den Graben ansehen, meinte Vizepräsident Paulus Stuller. Denn dort wären andere Branchen durch Modeketten zum Teil verdrängt worden. Gerade die Elektrobranche sei auf autofahrende Kundschaft angewiesen.

"Geld geht spazieren"

Den Punkt versteht auch Rüdiger Maresch, Verkehrssprecher der Wiener Grünen. "Parkgaragen mit Zufahrtsmöglichkeiten wird es auch weiterhin geben", beruhigt er. Sein kaufmännisches Argument für eine Bevorzugung der Fußgänger auf der "Mahü": "Geld geht bekanntlich spazieren, nicht fahren." Bis zu 1000 Garagenstellplätze seien durchschnittlich im siebten Bezirk unbenutzt - vorerst bestehe also kein Bedarf, neue Garagen zu bauen.

Erste Umsetzungsergebnisse soll es bereits im Sommer 2012 geben. Ein älteres Paar, das seit etwa 40 Jahren in der Nachbarschaft wohnt, beäugt die ausgehängten Konzepte im Dialogforum mit Skepsis. Ein Radweg würde am meisten fehlen, meint die Dame, ansonsten sei doch alles ganz gut, wie es derzeit ist.

Weitere Dialogtermine sind jeweils von 10 bis 20 Uhr am 22. November in der Windmühlgasse 26 und am 24. November in der Andreasgasse 7. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, Printausgabe, 18.11.2011)