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Steckt Europa in einer Sackgasse? Sieht fast so aus.

Foto: Reuters

Berlin/Madrid - Spaniens Finanzministerin Elena Salgado hat versucht, die Aufregung über die Verschärfung der Schuldenkrise in ihrem Land zu dämpfen. Die Situation gehe lediglich auf die Spannungen an den europäischen Finanzmärkten zurück, sagte die sozialistische Ministerin am Freitag in Madrid. Sie will die Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB), diese sieht die Gewährung derselben aber nicht als ihre Aufgabe.

Die Finanzmärkte hatten Italien und Spanien in den vergangenen Tagen kräftig unter Druck gesetzt. Am Donnerstag stiegen die Zinsen für zehnjährige spanische Staatsanleihen auf eine Größenordnung von sieben Prozent und damit den höchsten Zinssatz seit 14 Jahren. Der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte daraufhin eine Intervention der Europäischen Union und der EZB gefordert, was der deutsche Finanzminister Wolfang Schäuble (CDU) aber umgehend zurückwies. Trotzdem erneuerte der spanische Regierungssprecher Ramón Jáuregui die Forderung nach einem Eingreifen der EZB, um größere Schäden in der EU zu verhindern. 

Glaubwürdigkeit hat einen Namen: EZB

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat die Unabhängigkeit seiner Institution verteidigt. Die EZB verliere ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie mit mehr Geld auf den Finanzmärkten eingreife, sagte Draghi am Freitag in Frankfurt am Main. Auch Deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte vor einem zu starken Vereinnahmen der EZB.

Die Glaubwürdigkeit der EZB sei im Erfolg ihrer Geldpolitik begründet, mit der sie die Inflation eindämme, sagte Draghi auf der Konferenz Euro Finance Week. Das sei der Beitrag, den die Währungshüter leisten könnten, um das Wachstum, die Schaffung von Arbeit und die Finanzstabilität zu unterstützen. "Und wir leisten diesen Beitrag in vollkommener Unabhängigkeit", sagte Draghi.

Er mahnte die Euroländer auch zur Eile. Die jüngsten politischen Beschlüsse zur Stabilisierung des Euro vom Krisengipfel Ende Oktober müssten rasch umgesetzt werden. Die Euro-Länder hatten sich unter anderem darauf verständigt, den Euro-Rettungsfonds EFSF deutlich zu erweitern. Der Italiener Draghi forderte zugleich die Staaten dazu auf, Reformen voranzutreiben und so ihren Beitrag zur Lösung der Krise zu leisten.

Ungeachtet dessen hat die EZB seit Mai 2010 für fast 200 Mrd. Euro Staatsanleihen kriselnder Euro-Staaten gekauft. Diese Ankäufe sind in der Euro-Zone sehr umstritten, weil die Notenbank bereits damit ihre Kompetenzen überschreitet und Geld- mit Fiskalpolitik verknüpft.

Obergrenze für Staatsanleihenkäufe?

Einem Zeitungsbericht zufolge gibt sich die EZB aber eine geheime wöchentliche Obergrenze für ihre Anleihekäufe. Schon die Existenz dieser Grenze sei geheim, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom Freitag ohne Angabe von Quellen. Es werde befürchtet, dass das Wissen um die Grenze zu Spekulationen ermuntern könne.

Derzeit wachse aber die Skepsis über die Ankäufe im Gouverneursrat der Zentralbank, in dem die Chefs der 17 Notenbanken der Euro-Staaten vertreten sind, berichtete die "FAZ" weiter. Deshalb sei die Obergrenze zuletzt auf 20 Mrd. Euro wöchentlich gesenkt worden. Bei der Sitzung des Rats am Donnerstag sei die Grenze vielleicht noch einmal heruntergesetzt worden. Bundesbank-Präsident und EZB-Ratsmitglied Weidmann wollte sich am Freitag nicht zur Existenz einer solchen Obergrenze äußern.

Stattdessen warnte er bei dem Kongress davor, die Notenbank zu Zwecken der Krisenbewältigung noch weiter zu vereinnahmen. Der mangelnde Erfolg bei der Bewältigung der Schuldenkrise, rechtfertige es nicht, das Mandat der EZB zu überreizen, sagte Weidmann. "Ein klares Bekenntnis zu unseren Mandaten ist ein unabdingbares Element für eine erfolgreiche Zukunft des Euro."

Um der Währungsunion in Zukunft einen stabilen und beständigen Rahmen zu geben, gebe es zwei gangbare Wege: "Der erste wäre eine Umkehr zu den Grundprinzipien, wobei die Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten in fiskal- und wirtschaftspolitischen Dingen ernst zu nehmen ist", sagte Weidmann. Der zweite Weg sei eine "fundamentale Änderung der föderalen Strukturen der Europäischen Union" - eine sogenannte Fiskalunion, bei der die Währungs- und Haushaltspolitik eng abgestimmt und europäisch überwacht wird.

Abwärtsrisiken steigen

Die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft der Eurozone haben laut Draghi zugenommen: "Die schwächere Wirtschaftsaktivität wird den Preis-, Kosten- und Lohndruck dämpfen." Die jüngste Zinssenkung gefährde daher das Preisstabilitätsziel der EZB nicht. Die Notenbank hatte am dritten November ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent reduziert.

Draghi erwartet eine wirtschaftliche Abschwächung weltweit. Die Nachfrage lasse auf breiter Basis nach. Dies zeige sich sowohl in harten Zahlen als auch in Umfragen. "Die Notenbank ist sich der Probleme der Banken bewusst", sagte Draghi. Diese beruhten auf den Spannungen am Staatsanleihenmarkt, Refinazierungschwierigkeiten und Engpässen bei entsprechenden Sicherheiten. Zudem entstünden aus der wirtschaftlichen Abschwächung Probleme für die Banken.

Spaniens Opposition: Mit uns wird alles besser

Spaniens konservativer Oppositionsführer Mariano Rajoy hofft derweil darauf, dass der erwartete Machtwechsel in Madrid die Finanzmärkte beruhigt. Rajoy, der die Parlamentswahl an diesem Sonntag allen Umfrage zufolge gewinnen dürfte, verlangte in einem Rundfunkinterview, der neuen Regierung zumindest eine "minimale Verschnaufpause von etwas mehr als einer halben Stunde zu geben". Falls er die Wahl gewinne, werde er eine klare Botschaft an die Finanzmärkte senden: "Spanien will den Euro erhalten, der Teil eines nicht umkehrbaren politischen Projekts ist." (red/APA/Reuters)