Tokio - Im Bilanzskandal beim Kamera-Hersteller Olympus gehen japanische Ermittler auch einer Spur in die Unterwelt nach. Die Behörden vermuten nach Informationen der "New York Times", dass zumindest ein Teil der vermissten Beträge über Kanäle der japanischen Yakuza-Mafia gelaufen ist. Aus Unterlagen, die der Zeitung vorliegen, geht zudem hervor, dass den Ermittlern noch weitere Milliarden-Beträge verdächtig vorkommen.

Olympus hatte eingeräumt, dass Anlage-Verluste mit Hilfe von vier Übernahmen verschleiert wurden. Dabei könnte es nach bisherigen Informationen umgerechnet um mindestens 500 Millionen Euro gehen. Zugleich betonte das Unternehmen zuletzt, dass keine weiteren Altlasten und keine Verbindung zur organisierten Kriminalität bekannt seien.

Olympus hatte den Bilanzbetrug vor rund zehn Tagen nach wochenlangen Dementis zugegeben. Vieles ist immer noch unklar, etwa wie genau die Verluste entstanden und wie hoch sie insgesamt waren. Das Unternehmen macht drei ranghohe Manager für die Affäre verantwortlich. Die Börse prüft, ob Olympus vom Markt genommen wird, und das ließ die Aktie innerhalb weniger Wochen bis zu 80 Prozent ihres Werts verlieren. Zuletzt hatte sich der Kurs wieder etwas erholt - bis die neuen Vorwürfe das Papier wieder auf Talfahrt schickten. Der Kamera- und Medizintechnik-Spezialist muss bis Mitte Dezember seinen Bericht für das Ende September abgeschlossene erste Geschäftshalbjahr einreichen, sonst fliegt er automatisch von der Börse.

Gigantische Fehlbeträge

Wie die "New York Times" aus einem gemeinsamen Papier der japanischen Börsenaufsicht sowie der Polizei und Staatsanwaltschaft von Tokio berichtete, haben die Ermittler eine Summe von mindestens 481 Mrd. Yen (heute 4,6 Mrd. Euro) im Visier, die zwischen 2000 und 2009 für Übernahmen, Investments und Beraterhonorare ausgegeben worden sei. Davon seien bisher lediglich 105 Mrd. Yen in den Büchern gefunden worden.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Kyodo sollen am Wochenende die drei in die Affäre verwickelten Manager, darunter Firmenpatriarch Tsuyoshi Kikukawa, von den Ermittlern befragt werden. Kommende Woche soll zudem der Mitte Oktober gefeuerte Firmenchef Michael Woodford zu einem Treffen mit den Behörden nach Tokio kommen. Laut Woodford wurde er geschasst, weil er Fragen zu den verdächtigen Geschäften gestellt habe. Der Brite hatte die Affäre aufgedeckt, weil er nach seiner Entlassung an die Medien ging.

Olympus habe Investoren zuletzt mit einer Präsentation zu beruhigen versucht, laut der keine weiteren finanziellen Belastungen aus dem Skandal zu erwarten seien, berichtete das "Wall Street Journal". Außerdem heiße es dort, dass es keine Verbindungen zu "antisozialen Organisationen" gegeben habe, wie in Japan oft die Mafia bezeichnet wird. (APA)