Trainiert eine Meisterklasse für Arte: der italienische Fotoguru Oliviero Toscani.

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"Photo For Life", fünfteilige Dokusoap, startet ab Montag, 19.30 Uhr.

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Die küssende Nonne entstand für Benetton.

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"Ordinär und patschert." Ein vernichtendes Zeugnis stellt Oliviero Toscani den umstrittenen Fotos der neuen Benetton-Kampagne aus. Toscani, der selbst vor rund zwanzig Jahren Nonne und Priester zum Kuss ablichtete, findet die Bilder mit den schmusenden Staatsoberhäuptern nicht kreativ, sagte er "La Repubblica". Sie wirkten "wie die Werke von Anfängern an einer Kunsthochschule".

Ab Montag, 19.30, coacht Toscani Nachwuchsfotografen in der fünfteiligen Arte-Dokusoap "Photo For Life". Einen Vorgeschmack, was die Meisterschüler erwarten dürfte, gab er im STANDARD-Interview.

STANDARD: Kennen Sie Dieter Bohlen?

Toscani: Nein.

STANDARD: Er ist Juror einer deutschen Castingshow und gilt als besonders streng und bis zur Beleidigung direkt.

Toscani: Ich kenne keinen Dieter Bohlen. Ich schaue nicht fern, ich hasse Fernsehen! Wir wären besser dran ohne. Es ist leicht, diese Scheiße zu produzieren, aber es ist nicht leicht, sie anzusehen.

STANDARD: In "Photo For Life" bilden Sie Jungfotografen aus: streng und beleidigend wie Dieter Bohlen?

Toscani: Wenn du eine Schule leitest, musst du fordern, damit die Studierenden etwas lernen.

STANDARD: Und haben die Schüler gelernt?

Toscani: Das müssen Sie sie fragen.

STANDARD: Wie haben Sie den Job bekommen?

Toscani: Welchen Job?

STANDARD: Den des Ausbildners für die Castingshow?

Toscani: "Photo For Life" ist keine Castingshow! Es ist eine Sendung über eine Meisterklasse von Fotografen. Sie zeigt mich als Meister dieses Programms, okay? Das Casting übernahm Arte. Ich wählte meine sechs Kandidaten. Das hat nichts mit einer Show zu tun.

STANDARD: Worauf kam es Ihnen bei der Betreuung an?

Toscani: In einer Woche ist es unmöglich, jemanden auszubilden. Es dauert Jahre, bis man ein guter Fotograf ist. Wer das will, muss in eine seriöse Schule gehen.

STANDARD: Was würden Sie sagen, wenn einer Ihrer Studenten Ihnen ein Bild mit einer küssenden Nonne vorlegen würde?

Toscani: Ich denke, er wäre ein Idiot. Das Foto habe ich gemacht. Was ist das für eine Frage?

STANDARD: Was Sie heute, zwanzig Jahre später, zu diesem Foto sagen?

Toscani: Jeder erinnert sich an das Bild, oder? Fragen Sie sich selbst, warum.

STANDARD: Hat Werbung nach wie vor künstlerischen Wert?

Toscani: Werbung wird vernichtet von den Menschen im Marketing. Marketing vernichtet alles.

STANDARD: Italien ohne Berlusconi: Gut oder schlecht?

Toscani: Italien hat eine Menge guter Leute, und jetzt, da dieser Idiot weg ist, kann alles gut werden. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 19./20.11.2011)