Fünfmal im Jahr werden in Sizilien Biozitronen der Kooperative Salamita geerntet. Orangen blühen einmal. Die ersten in dieser Saison kommen dieser Tage nach Österreich.

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Herr Salamita, ein echter Sizilianer.

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In Sizilien gedeihen Orangen und Zitronen am Fuße des Ätna prächtig – auch ohne chemische Behandlung. Bioprodukte machen aber nur einen kleinen Teil im österreichischen Lebensmittelhandel aus.

Syrakus – Die typisch italienischen, vor dem eigenen Gesicht herumfuchtelnden Handbewegungen muss man sich dazudenken. Ebenso den bei praktisch jedem Wort angehängten Buchstaben "e". "In dieser unbehandelten Frucht steckt das Feuer des Lebens", sagt Francesco Salamita in italienisch eingefärbtem Deutsch.

Der 63-Jährige steht, als er so spricht, mit wasserfesten Schuhen mitten in seinem sizilianischen Biozitronenhain im Regen. Und er kann seinen Enthusiasmus für die ihn umgebenden gelben Früchte kaum verbergen, während nördlich davon der Vulkan Ätna weiße Rauchwolken in die Luft spuckt.

"Zitronen sind das beste Medikament der Welt", sagt er. "Hast du dich verletzt, nimm unseren Zitronensaft zum Desinfizieren. Ist das Trinkwasser verdreckt, presse ein paar Tropfen Zitronensaft hinein und warte vier Minuten. Für die Wäsche nimmst du Zitronen statt Waschmittel. Und wenn du auf einer Reise die Zahnpasta vergessen hast, putze dir mit Zitronensaft die Zähne."

Die Liebe zu Zitronen teilte Francesco mit seinen Brüdern Nunciato, Domenico und Eugenio, mit denen er 1972 die Kooperative Salamita gegründet hat, eine Vereinigung von Landwirten, die seit jeher auf ökologische Landwirtschaft setzt. Mittlerweile gehören dem Betrieb, den Francesco mit seiner Ehefrau Concetta leitet, mehr als 100 Bauern in Sizilien an. Im Portfolio befinden sich neben Orangen und Zitronen auch Kapern, Oliven, Honig, Käse, Mandeln und Haselnüsse.

Vor allem ihre Zitrusfrüchte exportieren die Salamitas, seit 1989 wird nach Österreich geliefert. Derzeit werden im Gebiet rund um den verschneiten Gipfel des Ätna die ersten Orangen der Saison gepflückt. Sieben Euro pro Stunde bekommen die Erntehelfer. 2500 Tonnen Orangen und 1500 Tonnen Zitronen kommen jährlich in der Kooperative Salamita zusammen. Rund dreißig Prozent davon landen laut Concetta Salamita in Österreich. Exklusivabnehmer ist die Biomarke "Ja! Natürlich" des Rewe-Konzerns mit Billa und Merkur.

"Vom sizilianischen Baum ins Geschäft dauert es höchstens fünf Tage", sagt Martina Hörmer, die Geschäftsführerin der größten heimischen Biomarke, im Rahmen eines Besuchs beim italienischen Handelspartner. Das kann, muss aber nicht stimmen. Vor allem, wenn gegen Ende der Saison im März die Orangenzeit mit einer guten Lagerung im Hauptstandort Inzersdorf bei Wien ausgedehnt wird. Zu lange geht das bei nicht chemisch behandelten Bioprodukten aber nicht gut. "Bei Bio kannst du eben nicht alles zu jeder Zeit haben", sagt Hörmer. "Das müssen wir in die Köpfe der Menschen hineinbekommen."

Da kann und muss Hörmer auch Überzeugungskraft innerhalb des eigenen Konzerns leisten. Überwiegend landen Lebensmittel in den Regalen von Billa und Merkur, die mit biologischem Anbau nichts zu tun haben – praktisch alles ist fast jederzeit verfügbar.

12,5 Prozent macht der Marktanteil von "Ja! Natürlich" bei Billa aus – in den Sortimentsgruppen, wo die 1100 Bioprodukte vertreten sind. Im gesamten Lebensmittel-Portfolio des Rewe-Konzerns in Österreich sind es nur sechs Prozent. Diese machten 2010 einen Umsatz von 290 Mio. Euro aus, fast ein Drittel des gesamten Biomarktes in Österreich.

Neben staatlichen Kontrollen, die laut der EU-Bioverordnung verpflichtend sind, um das Biolabel tragen zu dürfen, lässt "Ja! Natürlich" zusätzliche Tests auf Pestizide im In- und Ausland durchführen. Seit 2006 prüfen auch externe Mitarbeiter der Umweltschutzorganisation Global 2000 die Betriebe und lassen Proben in Labors untersuchen.

Francesco Salamita lässt in Sizilien seine Biozitrusfrüchte gerne prüfen. Wieso seine Produkte teurer als jene von herkömmlicher Landwirtschaft sind, obwohl sie kleiner sind und nicht so glänzen, wurde Salamita einmal von einem Vertriebspartner gefragt. "Beißen Sie in die Schale dieser Zitrusfrucht, und dann beißen Sie in unser Bioprodukt", habe ich zu ihm gesagt. Er hat es nicht gewagt. Und dann hat er den Liefervertrag mit uns unterschrieben." (David Krutzler, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.11.2011)