Berlin - Das Zwickauer Neonazi-Trio in Deutschland hatte mehr Unterstützer als bisher bekannt, die Ermittlungen zur Mordserie weiten sich deutlich aus. Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) teilte nach einer Sitzung des Bundestags-Innenausschusses am Montag in Berlin mit: "Wir haben circa ein Dutzend Verdächtigte und Beschuldigte. (...) Es gibt immer neue Hinweise und Erkenntnisse." Die Ermittlungen liefen sehr intensiv. "Dieser Sumpf muss ausgetrocknet werden", sagte Friedrich. Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) erklärte: "Weit über 300 Kriminalisten rekonstruieren jetzt 13 Jahre Tag für Tag."

Der Grünen-Innenpolitiker Wolfgang Wieland berichtete unter Berufung auf Aussagen des Generalbundesanwalts Harald Range, die Ermittler hätten nun fünf Beschuldigte im Visier. Range selbst hatte am Freitag von vier Beschuldigten berichtet, dazu zählen die beiden bereits in Untersuchungshaft sitzenden Verdächtigen Holger G. und Beate Zschäpe.

Der Mord an der Heilbronner Polizistin im Jahr 2007 hatte nach Angaben der Ermittler im Ausschuss einen anderen Hintergrund als bisher bekannt. Es habe wohl Bezüge gegeben zwischen dem aus Thüringen stammenden Opfer und der Zelle gegeben. "Das kann auch über Verwandte gelaufen sein, das kann auch eine Racheaktion zur Bestrafung von Verwandten dieser Polizistin gewesen sein", gab Wieland entsprechende Aussagen des Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, vor den Abgeordneten wieder.

V-Leute verteidigt

Angesichts der Debatte um einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot hat Innenminister Friedrich den Einsatz von V-Leuten in rechtsradikalen Organisationen verteidigt. "Generell warne ich davor, die Informanten, die man in der Szene hat, völlig abzuschalten", sagte Friedrich am Montagabend im ZDF-"heute journal" laut einer Vorabmeldung. Seit 1992 seien insgesamt zehn Neonazi-Organisationen verboten worden.

"Sie können die Beweise, die diese Verbote erlauben, nur sammeln, wenn sie auch Informanten in der Szene haben und deswegen sind die V-Leute, jedenfalls zu einem bestimmten Teil, unverzichtbar", fügte Friedrich hinzu. "Aber man muss es natürlich richtig machen, man muss sie richtig führen und auch da wird man sehr kritisch hinschauen müssen", räumte der Minister ein.

Der Bundestagsinnenausschuss hatte sich am Montag in einer mehrstündigen Sitzung mit den Ermittlungen gegen die Zwickauer Neonazigruppe und den Pannen der Ermittlungsbehörden befasst. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, habe in der Sitzung offen und ehrlich eine "Niederlage für die Sicherheitsbehörden" eingeräumt, sagte der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann. Der weitere Einsatz von V-Leuten ist insbesondere mit Blick auf ein mögliches neues Verbotsverfahren gegen die NPD umstritten. (APA)