Paris - Geschafft! Aus der Pariser City in Roissy angekommen, entert die chinesische Touristin den Terminal 1, um zielstrebig auf den nächstbesten Angestellten zuzusteuern. "Air France?", fragt sie. Der junge Franzose, der Koffer in rosa Plastikfilm verschweißt, zeigt gelassen in die Richtung, aus der die Chinesin gekommen ist: Air France sei nicht im Terminal 1, sondern im Terminal 2 angesiedelt, dazu müsse die Dame den CDGVAL nehmen. CDGVAL? Natürlich geht die Dame am Ende in die falsche Richtung.
Solche Szenen gehören zu Roissy / Charles de Gaulle wie das Rundgebäude des Terminal 1, dessen Glaskorridore durch den Innenraum in den Siebzigerjahren einmal als futuristisch galten. Der amerikanische Reisesender CNNgo hat dem Pariser Airport soeben den Titel des "meistgehassten" Großflughafens verliehen, vor Los Angeles und London-Heathrow (Wien-Schwechat findet sich nicht unter den zehn angeprangerten Flughäfen).
In Leserkommentaren ist die Rede vom "Charme eines Bunkers aus dem Zweiten Weltkrieg", "albtraumhaftem Dreck", "unerträglich langen Warteschlangen" oder "dem unangenehmsten Personal der Welt".
Roissy gebührt vor allem der Preis für die größte Unübersichtlichkeit. Der größte französische Flughafen im Norden von Paris platzt mit 60 Millionen Passagieren im Jahr aus allen Nähten, nachdem er über die Jahrzehnte zu einem einzigen Flickwerk gewachsen ist. Der 1974 eingeweihte Terminal 1 genügte schon nach wenigen Jahren nicht mehr. Es folgte Terminal 2A, dann der Anbau 2B - bis hin zu 2G. Als keine Angliederungen mehr möglich waren, kam Terminal 3 hinzu.
All diese "Satelliten" müssen miteinander, wie auch mit Paris und dem TGV-Netz, mittels Bus, Taxi, Bahn und Shuttle verbunden sein. Das schafft heilloses Durcheinander, das verstärkt wird durch den französischen Hang, alles so genau wie möglich zu benennen - und natürlich nicht nur auf Englisch. CDGVAL bedeutet übrigens: "Charles-de-Gaulle" und "Véhicule automatique léger" - gemeint ist damit der Airport-Shuttle. (brae, DER STANDARD; Printausgabe, 22.11.2011)