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Zu einer anderen Zeit hätte Mariano Rajoy frenetisch gejubelt, doch am Sonntag versuchte er eher, die Euphorie zu bremsen.

Foto: AP/White

Mariano Rajoy kann nun auf eine absolute Mandatsmehrheit setzen, bleibt aber dabei: "Es wird keine Wunder geben."

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Die Freude der einen ist das Debakel der anderen. Spaniens konservativer Partido Popular (PP) unter Mariano Rajoy hat die Wahlen mit einer nie dagewesenen absoluten Mandatsmehrheit gewonnen. Mit 44,6 Prozent der Stimmen verfügt der PP künftig über 186 der 350 Sitze im Parlament. Der sozialistische PSOE, der Alfredo Pérez Rubalcaba in die vorgezogene Neuwahl schickte, erzielte sein schlechtestes Ergebnis: 28,7 Prozent bedeuten 110 Abgeordnete, ein Minus von einem Drittel.

Mehrere kleine Parteien profitieren von der regelrechten Implosion des PSOE. Die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) hat künftig statt einem gleich neun Abgeordnete, die in der politischen Mitte angesiedelte Union für Fortschritt und Demokratie (UPyD) fünf statt einen. Enttäuschung für die neue grüne Kraft Equo: In der Provinz Madrid kam sie nicht über die drei Prozent, die man für einen Parlamentssitz gebraucht hätte. Ein kleiner Trost ist das Ergebnis von Compromis-Equo, einem Bündnis aus Regionalisten und Ökologisten in Valencia, das einen Abgeordneten ins Parlament entsendet. Und in Katalonien holte die grüne ICV zwei Sitze statt bisher einen.

Für eine Überraschung sorgten die baskischen Linksnationalisten von Amaiur. Wenige Wochen nach der Ankündigung eines "endgültigen Waffenstillstandes" durch die Separatistenorganisation Eta bekamen sie sieben Abgeordnete und liegen damit vor der gemäßigten Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV).

Viele PP-Wähler verlangen von Rajoy, dass er Reformen wie das Recht auf Abtreibung und die Homo-Ehe zurücknimmt. Die Versuchung, wieder eine konservativ-religiöse Politik zu verfolgen, ist groß, denn man verfügt über eine absolute Macht auf allen Ebenen. Die Konservativen regieren in fast allen Provinzhauptstädten sowie in elf der 17 Regionen, in zwei weiteren sind sie Mehrheitsbeschaffer. Und bei den Wahlen im südspanischen Andalusien im Frühjahr 2012 dürfte auch eine weitere PSOE-Hochburg fallen.

Märkte wenig beeindruckt

"Wir müssen in der heikelsten Konjunkturlage der letzten 30 Jahre regieren" , versuchte Rajoy die Euphorie zu dämpfen. Die Märkte hatten Spanien zuletzt trotz des sich abzeichnenden Erfolges der Konservativen ins Visier genommen. Die Zinsen für Staatsanleihen stiegen auf über sieben Prozent. Die Ratingagenturen drohen damit, Spanien weiter abzustufen, da die Wirtschaft völlig stagniert und die Sparziele nicht eingehalten werden können. Die alte Regierung hatte sich verpflichtet, das Defizit von 9,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP 2010) heuer auf 6,0 Prozent zu senken, das wird nicht gelingen. 6,6 Prozent sind wahrscheinlich. Das Wachstum wird 2011 deutlich unter einem Prozent liegen. Die Arbeitslosigkeit, schon jetzt EU-weit die höchste mit 21,5 Prozent, steigt weiter an.

"Es wird keine Wunder geben, wir haben sie auch nicht versprochen" , warnte Rajoy vor allzu großen Erwartungen. Wie er der Krise Herr werden will, verriet er auch am Tag nach dem Urnengang ebensowenig wie sein Kabinett aussehen wird. Zumindest in Schlüsselpositionen könnten nicht Berufspolitiker, sondern Experten zum Zug kommen.

Die Finanzmärkte zeigten sich zunächst wenig beeindruckt. Die Renditen der Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren sanken am Montag minimal, die Aktienkurse an der Madrider Börse gingen leicht zurück. (Reiner Wandler aus Madrid/DER STANDARD, Printausgabe, 22.11.2011)