Wien - Die Teilnahme an der "Barbara Karlich"-Show im Krankenstand ist nichts Unrechtes, zumindest wenn man in Wien Beamtin und depressiv ist. Das hat der VwGH in einem aktuellen Erkenntnis festgestellt und damit eine Geldbuße des Dienstrechtssenats der Stadt Wien aufgehoben.

Die Geschichte: die Leiterin einer Kindertagesstätte der Gemeinde befand sich von Mitte Juli 2005 bis Ende Mai des darauffolgenden Jahres wegen Depressionen im Krankenstand. Am 17. Jänner 2006, also in dieser Zeit, wirkte sie an Fernsehaufnahmen für eine Folge der "Barbara Karlich - Show" als geladener Gast zum Thema "Heute möchte ich Dich überraschen" mit.

Der Dienstrechtssenat verhängte aus diesem Grund über die Beamtin eine Geldbuße. Nach Ansicht der Disziplinarbehörde hatte es die Beamtin unterlassen, außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die ihrer Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte. Ihr Verhalten während des Krankenstandes wurde als Dienstpflichtverletzung angesehen, "da es geeignet gewesen sei, das Ansehen der Beamten und Beamtinnen der Stadt Wien in nicht unbeträchtlichem Ausmaß zu schädigen".

Der VwGH folgte dieser Argumentation nicht. Die "Teilnahme am öffentlichen Leben" habe nämlich einen Teil der Therapie für die Beamtin gebildet. Es gebe auch keine Hinweise dafür, dass der Fernsehauftritt dem Heilungsprozess abträglich gewesen wäre. Vielmehr habe die Beamtin nach Rücksprache mit ihrem Arzt gehandelt und dieser sie zu der Teilnahme ermuntert. Für ihren Standpunkt, die Beamtin hätte sich wegen der Eigenart ihrer Krankheit nicht in der Öffentlichkeit zeigen dürfen, habe die Disziplinarbehörde keine plausible Begründung geliefert.

Dass sie "sehr wohl die physische und psychische Kraft" gefunden habe, "sich der durchaus aufregenden Situation einer Fernsehaufnahme zu stellen", wie die Behörde meint, könne ihr ebenso wenig als Dienstpflichtverletzung angelastet werden wie der Umstand, dass die Beamtin dadurch den "Unmut" einer Kollegin erweckt haben möge, urteilt der VwGH. Die Geldbuße für die mittlerweile pensionierte Frau ist somit hinfällig. (APA)