Grafik: DER STANDARD

Ermittlungen der Wettbewerbshüter sollen beschleunigt, die Strafen neu berechnet werden. Einiges ist noch strittig.

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Wien - Es ist in Summe eine ordentliche Stange Geld, die in den letzten zehn Jahren an Kartellstrafen verhängt wurde. Mehr als 85 Millionen Euro mussten wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht bezahlt werden. Flott gehen die Verfahren allerdings nicht immer über die Bühne, es kann schon eineinhalb oder zwei Jahre dauern, bis es zu einer Entscheidung kommt.

Auf Regierungsebene wird daher ein neuer Anlauf zu einer Reform des Wettbewerbsrechts unternommen. Unter Kanzler Alfred Gusenbauer scheiterten mehrere Anläufe. Nun sollen Wirtschafts- und Justizministerium (beide ÖVP-geführt) schon recht weit in ihren Gesprächen fortgeschritten sein, ist aus informierten Kreisen zu hören. Rund um Neujahr könnten die Gesetzestexte in Begutachtung geschickt werden.

Einige Änderungen zeichnen sich bereits ab. Die Möglichkeit, Hausdurchsuchungen durchführen zu können, soll beschleunigt werden, es wird aber weiter eine richterliche Genehmigung brauchen. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wird mit mehr Kompetenzen ausgestattet. Möchte sie Mitarbeiter einer unter Kartellverdacht stehenden Firma befragen oder Unterlagen einsehen, kann das jetzt mit Einsprüchen in die Länge gezogen werden. Künftig soll es in solchen Fällen Bescheide ohne aufschiebende Wirkung geben.

Neue Strafbemessung

Ebenfalls erleichtert werden soll, dass auch kleinere Märkte auf mögliche wettbewerbsrechtliche Verstöße geprüft werden können - beispielsweise im Bereich der Apotheken. Neue Berechnungsmodalitäten soll es bei den drohenden Kartellstrafen geben. Vereinfacht gesagt kann derzeit eine maximale Strafe in Höhe von zehn Prozent des Umsatzes verhängt werden. Künftig soll stärker auf mildernde bzw. erschwerende Gründe eingegangen werden.

Geht ein verurteiltes Unternehmen in Berufung, gibt es auch dort Änderungen. Der Oberste Gerichtshof, er ist auch Kartellobergericht, soll künftig nicht nur über Rechts-, sondern auch über sogenannte Tatsachenfragen entscheiden. Er könnte also beispielsweise Gutachten inhaltlich prüfen, derzeit darf er das nicht.

Nach wie vor strittig ist, ob die Wettbewerbsbehörde in Zukunft auch Entscheidungen in erster Instanz treffen soll. Derzeit führt sie nur die inhaltlichen Ermittlungen, befragt also Kronzeugen oder durchforstet Preislisten. Dann wandert der gesamte Akt zum Kartellgericht, das im Prinzip dieselbe Arbeit noch einmal durchführen muss. Könnte also die BWB selbst in erster Instanz entscheiden, würden sich die Verfahren deutlich verkürzen. In Justiz-, Sozialpartner und SPÖ-Kreisen gab es aber immer rechtsstaatliche Bedenken gegen dieses Modell, da es zu einer Vermischung von Ermittlung und Rechtsprechung käme. Offen ist auch, was in diesem Fall mit dem weisungsgebundenen Kartellamt passieren würde, der momentan parallel zur BWB eingerichtet ist und ebenfalls das Kartellgericht anrufen kann. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2011)