Wien - Vorigen Mittwoch haben einander die Untersuchungshäftlinge in der Causa Banknotendruckerei (OeBS) die Klinken in die Hand gegeben - allerdings kamen sie aus gegensätzlicher Richtung. Während nämlich der ehemalige kaufmännische Chef, Michael Wolf, und die Ex-Vertriebschefin entlassen wurden, wurde Technikchef Johannes Miller inhaftiert. Miller war schon nach einer Einvernahme Ende Oktober kurz festgehalten worden, kam damals aber wieder frei. Inzwischen soll er belastet werden. Millers Rechtsanwältin, Alexia Stuefer von der Kanzlei Soyer & PartnerIn: "Der kaufmännische Geschäftsführer, der für die in Frage stehenden Geschäfte zuständig war, wurde frei gelassen, der Technikchef ist in Haft. Das ist nicht nachvollziehbar."
In der Affäre OeBS geht es ja um fragwürdige Spesenabrechnungen in der Höhe von rund 500.000 Euro pro Jahr und um Provisionen für Geschäfte in Syrien und Aserbaidschan (rund 14,5 Mio. Euro). Miller kam im Sommer 2004 in die hundertprozentige Nationalbank-Tochter - und war seit vorigem Herbst auch im Vorstand der Münze Österreich AG tätig. Auch sie gehört der Notenbank (OeNB) und auch da hatte es zuvor einen abrupten Wechsel in der Führungsriege gegeben. Grund: Kreditkartenabrechnungen. Im Unterschied zur Vergangenheitsbewältigung in der Banknotendruckerei hat die Nationalbank die Kalamitäten in ihrer Münztochter 2010 in aller Stille applaniert.
Der Aufsichtsrat der Banknotendruckerei unter Wolfgang Duchatczek will von all den Geschäften nichts gewusst haben, er fühlt sich falsch informiert und hat Anzeige erstattet. Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück und es gilt die Unschuldsvermutung.
Millers Anwältin argumentiert, dass ihr Mandant als technischer Chef "den gleichen Informationsstand hatte wie der Aufsichtsrat". Die Innenrevision habe Miller bei ihrer Prüfung der Druckerei vor wenigen Monaten entlastet; der Technikchef habe "nicht zwingend erkennen müssen, dass da etwas nicht stimmt". Und, so Stuefer in Richtung Ex-OeBS-Aufsichtsratsmitglied und Ex-Münze-Chef Kurt Meyer: "Über die Aserbaidschan-Geschäfte wusste wohl auch der Aufsichtsrat gut Bescheid. Dieses Geschäft wurde von Meyer eingefädelt." (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2011)