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Gegen Prozessende wacht Hannes Kartnig wieder auf.

Foto: APA/Leodolter

Graz - "Ich lass mir keinen Betrug aufihauen." Hannes Kartnig ist wieder aufgewacht. Die letzten Verhandlungstage - sie liegen wegen wiederholter Vertagungen auch schon wieder länger zurück - saß der ehemalige Fußballpräsident des SK Sturm Graz meist versunken auf der Anklagebank. Es hatte den Anschein, er spüre, dass nicht mehr viel zu holen sei. Die Anklage wegen Betruges, betrügerischer Krida und saftiger Abgabenhinterziehung lastet eben doch schwer. Jetzt stemmt er sich wieder auf.

Seine beiden Anwälte, Richard Soyer und Michael Pacher, setzen in den letzten Verhandlungstagen vor dem Urteilsspruch (nach dreiwöchiger Pause Mitte Dezember) noch alles in Bewegung, um den Betrug weg zu bekommen. Immerhin stehen einige Jahre Gefängnis auf dem Spiel. In der Verhandlungsrunde am Dienstag versuchten es Soyer und Pacher mit den Statuten der Bundesliga. Erst 2010 sei für die Vereine bindend festgeschrieben worden, dass sie Abgaben an die Bundesliga zu liefern hätten.

Kartnig und die übrigen Angeklagten stehen ja im Verdacht, bei Karteneinnahmen geschwindelt zu haben, weniger Verkäufe gemeldet und damit auch weniger Abgaben geleistet zu haben. Die Kartnig-Anwälte argumentieren sinngemäß, macht nichts, die Bundesliga hatte damals ohnehin keinen Rechtsanspruch auf Sturmgelder. Ein klarer Fall von "Täuschung" sagt aber Staatsanwalt Johannes Winklhofer und auch ein Spitzenfunktionär des steirischen Fußballverbandes bekräftigt: "Natürlich hatten wir einen Anspruch auf die Gelder." In Summe ist von rund 90.000 Euro die Rede.

Ziemlich haarig für Kartnig könnte auch der Vorwurf auswachsen, wonach sich Sturm 1,2 Millionen Euro Landeshaftungen durch die Verschleierung der miesen Finanzlage erschlichen habe. Die Summe wurde letztlich nie ausbezahlt, weil Sturm keinen Kredit mehr bekam. Kartnig sagt heute rotzig: "Mit dem Mickey- Mouse-Betrag wären wir eh net weit gekommen." Der Mickey-Mouse-Betrag produzierte jedenfalls in der Landesverwaltung jede Menge Arbeit und Papier, die auch der damals zuständige Sporthofrat Fritz S. zu unterzeichnen hatte - was wiederum ein schönes Sittenbild heimischer Verwaltungsbürokratie schuf. Richter Karl Buchgraber legt einige Dokumente vor. "Ja", die habe er unterschrieben, gibt Fritz S. zu. Aber inhaltlich? Keine Ahnung. Er habe nur unterschrieben, wie es das Protokoll und die Vorschrift verlange. Ein Brief des Landesrates wurde wiederum gar nicht erst weggeschickt. Er bliebt ohne Relevanz.

Der Sporthofrat: "Das war nur ein politischer Brief." Der Richter schmunzelnd: "Heißt das, politische Briefe sind eigentlich nicht ernstzunehmen?" Kartnig: "Hahaha, Weltklasse?"

Wie überhaupt sich die Stimmung des Hauptangeklagten wieder aufhellt, wovon auch jene Schulklasse, die den Prozess besucht, profitiert. Mit breiter Brust und der Professorin an seiner Seite schwadroniert er nach Prozessende im Gerichtssaal über all die gefühlten Ungerechtigkeiten der Justiz. Frau Professor strahlt: "Danke Herr Präsident, das war sehr interessant." Kartnig: "Keine Ursache, junge Frau. Das haben sie gut gemacht." Dreht sich um und gesellt sich zur Runde der Anwälte, wo schon längst der nächste große Fall des Grazer Gerichtes nervös besprochen wird. Jener des einstigen Stadtrivalen GAK. Wo es um noch mehr Geld und noch gravierendere Vorwürfe geht. (DER STANDARD-Printausgabe, 23.11. 2011)