Jerusalem - Israelische Archäologen haben etwa 2.000 Jahre alte Münzen gefunden, die bisherige Vorstellungen über die Entstehungsgeschichte des herodianischen Tempels in Jerusalem revidieren könnten. Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Komplex des Tempelberges vom jüdischen Herrscher Herodes vollendet wurde, der im Jahre 4 vor unserer Zeitrechnung starb.

Der Ort beherbergte schon lange zuvor das größte Heiligtum des Judentums: Der erste Tempel wurde - zumindest laut Bibel - knapp ein Jahrtausend zuvor errichtet und bei der Invasion Jerusalems durch den babylonischen Herrscher Nebukadnezar II. 586 vor unserer Zeitrechnung zerstört. Einige Jahrzehnte später wurde ein zweiter, kleinerer Tempel errichtet, den Herodes schließlich in großem Stil um- und überbauen ließ, um erneut eine imposante Anlage zu schaffen.

Wesentliche Teile der Anlage fehlten noch

Aber offenbar konnte er das Werk nicht einmal ansatzweise vollenden: Darauf deuten einige Bronzemünzen hin, die in den Resten eines rituellen Bads gefunden wurden, welches im Zuge der Errichtung der Westmauer der Tempelberganlage aufgefüllt wurde. Laut dem Archäologen Eli Schukron von der israelischen Altertumsbehörde datieren diese Münzen etwa auf das Jahr 17 unserer Zeitrechnung. Sie tragen das Zeichen des römischen Präfekten Valerius Gratus, des Vorgängers von Pontius Pilatus.

Das würde bedeuten, dass die Errichtung der Westmauer, deren Überrest die heutige Klagemauer bildet, zu Herodes' Zeiten noch nicht einmal begonnen hatte und die Tempelberganlage erst von dessen Nachfolgern fertiggestellt wurde. Was zu einem Bericht passen würde, den Josephus Flavius, ein römischer Historiker jüdischer Abstammung, nach der neuerlichen Zerstörung des Tempels im Jahr 70 angefertigt hatte: Ihmzufolge gelang die Vollendung der Anlage erst unter der Regentschaft von Herodes Agrippa II., dem Urenkel Herodes'. (APA/red)