Wien  - Die Entscheidung, ob gegen jene fünf Staatsanwälte, denen im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall Natascha Kampusch amtsmissbräuchliches Verhalten unterstellt wird, gerichtlich vorgegangen wird, ist offenbar gefallen. Das Justizministerium wird morgen, Donnerstag, in einem Pressegespräch verkünden, ob der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Innsbruck, in dem die Anklageerhebung oder die Verfahrenseinstellung vorgeschlagen wird, genehmigt worden ist. Bis dahin unterliegt der Inhalt dieses Berichts der Amtsverschwiegenheit.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass es zu keinem Prozess gegen die betroffenen Staatsanwälte - darunter Werner Pleischl, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und Thomas Mühlbacher, der Leiter der Staatsanwaltschaft Graz - kommen wird, da der Tatbestand des Amtsmissbrauchs nur dann erfüllt ist, wenn den Verdächtigen wissentlicher Befugnismissbrauch nachzuweisen ist.

"Schwere Versäumnisse"

Gegen die Ankläger war auf Basis von Anschuldigungen des pensionierten OGH-Präsidenten Johann Rzeszut ermittelt worden. Der ehemalige Höchstrichter, der Mitglied einer vom Innenministerium eingesetzten Evaluierungskommission in der Causa Kampusch war, hatte den Staatsanwälten schwere Versäumnisse bei den Ermittlungen vorgeworfen. Er hielt ihnen vor, wesentliche Ergebnisse der Polizeiarbeit ignoriert und sich frühzeitig auf Wolfgang Priklopil als Einzeltäter festgelegt zu haben.

Im ORF-"Mittagsjournal" legte Rzeszut am Mittwoch ein Schäuferl nach. Er bekräftigte den Vorwurf des Amtsmissbrauchs ("Was soll das sonst sein?") und sprach von "vorsätzlichen Pflichtversäumnissen". Darüber hinaus forderte er in dieser Sache eine parlamentarische Untersuchung: "Wenn im Rahmen der Justiz solche Vorfälle, solche Verfahrensabläufe möglich sind, dann schreit das nach einer Kontrolle, dann ist das die Wahrnehmung jener Verantwortung, die die Verfassung dem Parlament auferlegt."

Die Entscheidung, ob die in Verdacht geratenen Staatsanwälte weiter strafrechtlich verfolgt werden, werden Christian Pilnacek, der zuständige Sektionschef im Justizministerium, die Leiterin der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Brigitte Loderbauer, und der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA Innsbruck), Kurt Spitzer, nach außen kommunizieren. (APA)