Nun ist es also so weit: Die von der Universitätsleitung angekündigten Einsparungen im medizinischen Betrieb des AKHs sind Realität. Noblerweise wurde den Institutsvorständen erlaubt, autonom in ihren Bereichen zu überlegen, welche Posten sie streichen, welche Dienste sie straffen und welche sie nicht mehr nachbesetzen wollen. - Wahrscheinlich verstehen Regierung, Finanzministerin und Wissenschaftsminister das unter universitärer Autonomie: "Schmeck's und schauts, wie's zurechtkommt's."

Die Folgen sind beängstigend. Der medizinische Betrieb im größten Krankenhaus Mitteleuropas wird ernsthaft gefährdet. Zahlreiche, vor allem akute Maßnahmen können nicht mehr durchgeführt werden, Wartezeiten verlängern sich, bald werden Patienten abgewiesen werden müssen.

Das ärztliche Personal arbeitet an den Grenzen des Zumutbaren, und das als Regel und nicht in Ausnahmesituationen, es gibt zu wenig kompetente Pfleger/-innen. Zudem kommen die Geräte und die gesamte bauliche Infrastruktur in die Jahre: Reparaturen häufen sich, technische Geräte geben den Geist auf.

Apropos Geist: Eigentlich sollte das AKH ja ein Haus der Forschung und Lehre sein - es ist verantwortlich für die Ausbildung von etwa zwei Dritteln der österreichischen Ärzte. Für Ausbildung bleibt angesichts der Sparmaßnahmen nun noch weniger Zeit als bisher, denn im Notfall geht die medizinische Versorgung natürlich vor die Lehre. Die Forschungsagenden können nur mehr mit zusätzlichem, persönlichem Engagement von Einzelnen in der Freizeit durchgeführt werden - noch dazu verbunden mit der Stigmatisierung der Unterstützung durch die Pharmaindustrie.

Ein Außenstehender würde das als systematische Zerstörung einer Qualitätsinstitution beschreiben. Das kann doch wohl nicht in der Absicht des Wissenschaftsministeriums und einer Regierung sein, die sich Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben hat - und eines Staates, der sich stets seines exzellenten Gesundheitssystems rühmt.

Eben dieser Staat aber ist nun offenkundig dabei, dieses System auszuhöhlen. Schutzschirme werden nicht gespannt. Vielleicht ist Menschlichkeit nicht "too big to fail". (Thomas Szekeres, DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2011)