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Kindliche Kopfschmerzen machen sich oft erst durch  Begleitsymptome bemerkbar.

Foto: APA/Arne Dedert

Wien - Zahlen der Medizinischen Universität Wien zufolge, haben bereits 60 bis 80 Prozent der Kinder in westlichen Ländern, mindestens einmal in ihrem Leben Kopfschmerzen gehabt. Drei bis fünf Prozent aller Drei- bis Elfjährigen leiden unter Migräne, Mädchen gleich oft wie Jungen. Erst in der Pubertät steigt die Anzahl der betroffenen Mädchen auf zwölf Prozent an, während der Anstieg bei Jungen bei etwa sieben Prozent liegt. Die gute Nachricht: Nur etwa die Hälfte dieser Kinder werden auch als Erwachsene unter Kopfschmerz-Attacken leiden. 

Kopfschmerz ist bei Kleinkindern lässt sich schwer erheben. Die Kinder äußern sich nicht, sind aber oft unruhig, quengelig oder weinen vermehrt. Erst ab dem Schulalter sind Kinder in der Lage ihre Kopfschmerzen auch zu benennen.

Teufelskreis Schulstress

Treten heftige Kopfschmerzen anhaltend oder sehr häufig auf, dann kann das zu wiederholtem Schulausfall und regelmäßiger Schmerzmitteleinnahme führen. Hinzu kommt oft mangelndes Verständnis der Lehrer und Mitschüler, die das betroffene Kind mitunter als Simulanten abstempeln, da Migräne keine offensichtliche Erkrankung ist. 

Neben Stress, Überforderung, Reizüberflutung oder seelischen Belastungen und der daraus resultierenden erhöhten Spannung der Kopf- und Nackenmuskulatur können auch Sehfehler, Entzündungen oder Kieferfehlstellungen kindliche Kopfschmerzen auslösen. Niedrige Blutzuckerspiegel, unregelmäßige Schlaf- und Wachzeiten, Wetterumschwünge und verschiedene Nahrungsmittel können den Prozess noch triggern. In manchen Fällen liegt auch eine familiäre Veranlagung vor. 

Kinder genau beobachten

Klagt das Kind über häufige, starke Kopfschmerzen, kann das ein Hinweis auf Migräne sein. Anders als bei Erwachsenen schmerzt der gesamte Kopf und die Attacken sind erheblich kürzer, machen  sich aber häufiger durch Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und Licht- beziehungsweise Geräuschempfindlichkeit bemerkbar. Manchmal treten auch nur die Begleitsymptome in Erscheinung.

Die Betroffenen fallen durch Teilnahmslosigkeit, Antriebsschwäche, Müdigkeit oder Blässe auf. „Da Kinder ihre Schmerzen und Beschwerden nicht genau einordnen können, ist auch die Diagnose schwierig. Eltern sollten daher ihre Kinder genau beobachten", plädiert Christian Lampl, Präsident der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft, Leiter der Abteilung für Neurologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz. Hilfreich ist das Führen eines Kopfschmerz-Kalenders und das identifizieren von auslösenden Faktoren, so genannter Trigger.

Alice-im-Wunderland Syndrom

Das noch wenig erforschte Alice-im-Wunderland-Syndrom kommt bei Kindern häufiger vor, als bei Erwachsenen. Dabei können vor oder während einer Migräne-Attacke durch kurze und reversible neurologische Ausfälle im Gehirn verschiedenste Störungen der Wahrnehmung auftreten, wie bereits 1865 Lewis Carroll in seinem berühmten Abenteuerbuch „Alice im Wunderland" beschrieb.

Die betroffenen Kinder nehmen dabei sich selbst oder ihre Umgebung auf halluzinatorisch verfälschte Weise wahr, etwa indem sie sich selbst als riesig oder winzig empfinden. Auch veränderte akustische Wahrnehmungen, falsche Tastwahrnehmungen, Geruch-Halluzinationen oder ein verschobenes Zeitempfinden sind möglich. 

Kindgerecht behandeln

Nicht-medikamentöse Behandlungsansätze, wie sanfte Massagen oder kühle Stirn- oder Nackenauflagen zeigen bei einem Teil der betroffenen Kinder Wirkung. Ein ausgeglichener Lebensstil und ausreichend Schlaf kann die Häufigkeit und Stärke der Attacken reduzieren. Auslösende Faktoren gilt es zu erkennen und zu meiden.  

„Die Erkrankung sollte unbedingt von einem Arzt abgeklärt werden. Er kann eine Therapie empfehlen, die auf das Kind zugeschnitten ist", so Lampl. Oft verordnet er ein schmerzstillendes Medikament, das den Höhepunkt der Attacke mildert. Bei sehr starken Attacken oder wenn normale Schmerzmittel nicht wirken, können moderne Migränemittel (Triptane) Jugendlichen ab zwölf Jahren verordnet werden. Eltern sollten die Schmerzen ihres Kindes nicht bagatellisieren. Denn wird eine Migräne nicht frühzeitig und wirksam behandelt, besteht ein erhöhtes Risiko für eine Chronifizierung der Schmerzen, Schmerzmittel-Missbrauch und daraus resultierend schwierig zu behandelnde, durch die Medikamente ausgelöste Kopfschmerzen. Im schlimmsten Fall kann es zu Ängsten, Depression und sozialer Isolation kommen. (red)