Die Wiener Technoband Elektro Guzzi: Bernhard Breuer, Bernhard Hammer, Jakob Schneidewind.

Foto: Klaus Pichler

Das Wiener Trio Elektro Guzzi schafft es rein physisch, auf vier Quadratmeter Raum den größtmöglichen Druck zu erzeugen. Auf dieser Fläche drängten sich die Musiker jüngst bei der Präsentation ihres neuesten Albums Parquet zusammen, damit für die Besucher und Freunde im winzigen Wiener Plattengeschäft Market Place auch noch ein wenig Platz zum Zuhören und Abwackeln blieb. Jeweils ein mittelgroßer, aber gut ausgewählter Vintage-Röhrenverstärker für elektrische Gitarre und Bass, dazu bettvorlegergroße Bodenplatten, auf die sechs, sieben Handvoll Effektgeräte geschraubt sind, sowie ein rudimentäres Schlagzeug und definitiv kein Gesangsmikrofon genügen Elektro Guzzi für ihr beeindruckendes Handwerk.

Mit dem Instrumentarium einer Rockband in klassischer Triobesetzung generieren Gitarrist Bernhard Hammer, Jakob Schneidewind am Bass und Schlagzeuger Bernhard Breuer allerdings nicht Rockmusik. Elektro Guzzi interpretieren Techno als einhundertprozentig live entstehende Musik. Man hört hier keine vorgefertigten Loops und Sounds aus diverser, diskret zwischen den Pedalen versteckter Sample-Gerätschaft. Die strenge und doch im grundsätzlich offen gehaltenen Raum der Improvisation verankerte Musik entsteht, generalstabsmäßig geplant und vor allem durch Spielroutine streng auf das Nötigste verknappt, einzig in der Livesituation. Nach fünfjähriger Konsolidierungsphase im Proberaum gastierte man so noch vor der Veröffentlichung des selbstbetitelten Debütalbums im Jahr 2010 auf renommierten Festivals wie dem Sonar in Barcelona. Elektro Guzzi wurden dazu auch noch nach Japan oder in den Berliner Technotempel Berghain eingeladen und überall enthusiastisch gefeiert.

Nach dem Album Live P.A. liegt mit Parquet nun bereits das dritte Album vor. Produziert hat wieder der Wiener Kumpel und Techno-Altstar Patrick Pulsinger, veröffentlicht wird auf dem Berliner Label Macro. Musikalische Neuerungen sind, dem Unternehmen entsprechend, nicht grundsätzlich, sondern nur im Detail der Sounds und Beat-Verfeinerungen zu finden. Dass sich die Band ehemaliger Konservatoriumsstudenten allerdings neben der Haudraufundschluss-Ästhetik des Untz-Untz-Untz einer neueren deutschen Marschmusik allerdings auch grundsätzlich für rhythmusbetonte Weltmusiken wie afrikanische Perkussionsmusiken oder südamerikanische Samba interessiert, kann auf atemberaubende Weise mitverfolgt werden. Bass und Schlagzeug werden Richtung Maschine gemischt. Die vorzugsweise nicht traditionell, sondern auf Akkorde gestimmte und auf dem Elektrogrill kräftig bis zur Unkenntlichkeit durchgebratene Gitarre legt darüber mit Flageoletttechnik flächige Sounds. Besonders zwingend klingt das etwa auf Pentagonia.

Erstaunlich, was Elektro Guzzi im Gefolge von Bands mit ähnlichen Ansätzen wie Beige GT (Techno) oder FSK (House) und den eher dem Ambient zugeneigten Wiener Kollegen Radian leisten. Ein Album des Jahres. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2011)