Wien - Kritik an verschiedenen Aspekten des Einsatzes österreichischer Bundesheersoldaten im zentralafrikanischen Tschad in den Jahren 2008 und 2009 übt jetzt der Rechnungshof: So seien die Ausgaben höher gewesen als zuvor angegeben, bei den Beschaffungen seien mangels Prüfungen höhere Preise in Kauf genommen worden und überhaupt fehle ein Gesamtüberblick über die tatsächlichen Ausgaben, heißt es in einem aktuellen RH-Bericht.

Die Heeresführung kontert: "Völlig neue Herausforderungen in einem bis dahin unbekannten Einsatzspektrum" seien zu meistern gewesen, der Einsatz habe "wichtige Erfahrung, hohe internationale Reputation und wesentliche Verbesserungen für künftige Einsätze" gebracht, erklärte der Leiter der Einsatzsektion im Verteidigungsministerium, Generalleutnant Christian Segur-Cabanac am Donnerstag.

Buchhalterkriterien

Viele Anmerkungen des RH seien dabei längst eingeflossen bzw. bereits umgesetzt. "Eine spätere Beurteilung eines militärischen Einsatzes ausschließlich nach Buchhalterkriterien übersieht den Aspekt der Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten, der für uns absolut im Vordergrund steht", konnte sich der General seinerseits Kritik an den Kritikern nicht verkneifen.

Zwei Jahre dauerte das Engagement der österreichischen Truppen im Herzen Afrikas: Zunächst im Rahmen der europäischen EUFOR-Truppe, dann als Teil der UNO-Mission MINURCAT sorgte das Bundesheer von Anfang 2008 bis Ende 2009 insgesamt mit mehr als 1.600 Männern und Frauen für den Schutz von Flüchtlingen aus dem westsudanesischen Krisengebiet Darfur.

46 vs. 54 Millionen Euro

Konkret bemerkt der RH jetzt unter anderem, dass in den Informationen an den Ministerrat und an den Nationalrat seinerzeit von Entsendungskosten in der Höhe von knapp 46 Millionen Euro ausgegangen worden sei. Letztlich seien aber rund 54 Millionen zusammengekommen, weil vorher die Beschaffung "einsatzrelevanten Geräts" nicht berücksichtigt worden sei. Bei der Beschaffung selbst sei keinerlei Prüfung der Preisangemessenheit erfolgt und damit habe das Ministerium höhere Preise in Kauf genommen.

Generell moniert der RH, dass das Ministerium keinen Gesamtüberblick über die tatsächlichen Ausgaben für den Tschad-Einsatz habe, "weil diese in zwei IT-Systemen teilweise doppelt, teilweise sachlich unrichtig und teilweise gar nicht erfasst wurden. Eine Vollkostenrechnung für Auslandseinsätze fehlte." Detail am Rande: "Der Munitionsverbrauch im Einsatzraum war teilweise nicht nachvollziehbar; der Wert der Fehlbestände betrug rd. 250.000 EUR."

Der Heeresgeneral weist in seiner Antwort einleitend darauf hin, das der Rechnungshof in seinem Bericht auch feststelle, dass "die Aufgabenerfüllung der österreichischen Truppen international anerkannt wurde." Darüber hinaus habe der RH bestätigt, dass "durch die rasche Einleitung von Planungen die Einsatzbereitschaft zeitgerecht vorgelegen ist".

Verbesserung für zukünftige Einsätze

Im übrigen habe der Tschad- Einsatz für das Bundesheer eine wesentliche Verbesserung für zukünftige Einsätze gebracht, meinte Segur in einer Aussendung. "Er war der Motor und Anlass für viele Beschaffungen, die auch für kommende Einsätze verwendet werden." Viele Anmerkungen des RH seien dabei längst eingeflossen bzw. wurden oder werden umgesetzt, wie etwa ein Kalkulationsmodell für Auslandseinsätze oder die Vollkostenrechnung mittels SAP.

Was die RH-Kritik an den Beschaffungen betrifft, seien diese "unter dem ausschließlichen Aspekt der Sicherheit unserer Soldaten zu beurteilen", erklärte Segur. Wie in vielen anderen europäischen Staaten auch werde bei derartigen dringenden Beschaffungen auf die bestehenden Ausnahmeregelungen für die "Dringende Einsatzbeschaffung" zurückgegriffen. Getätigte Investitionen und Adaptierungen von bestehendem Gerät - wie etwa die Adaptierung des Geländewagens Puch G zum Modell "Sandviper" - könnten auch für zukünftige Einsätze genutzt werden. Mit der fehlenden Munition beschäftige sich die Disziplinarabteilung.

Unangenehm berührt sind die Vaterlandsverteidiger vom Umgang des Rechnungshofs mit ihren Daten: "Der RH wurde gebeten, sensible Daten, die die Sicherheit unserer Soldaten bei künftigen Einsätzen gefährden könnten, nicht zu veröffentlichen. Aus völlig unverständlichen Gründen hat der RH dennoch auf einer Veröffentlichung bestanden", gab Segur abschließend Kritik zurück. (APA)