Aus 1.000 Tagen sind 17 geworden. Vor rund zweieinhalb Jahren wurde das Projekt Westbahn gestartet, nun soll am 11. Dezember der erste Zug von Wien nach Salzburg fahren. Am Donnerstag wartet der blau-gelbe ÖBB-Konkurrent mit neuen Partnerschaften auf. ÖAMTC-Mitglieder fahren günstiger, Leihautos im Westbahn-Design stehen an den Endbahnhöfen zur Verfügung und mit jedem ausgegebenen Euro kann man Flugmeilen für das Vielfliegerprogramm der Lufthansa-Gruppe, Miles & More, sammeln. Zudem gibt es auch den Westbus, den man mit dem Reiseunternehmen Blaguss betreibt und der die Westbahn-Kunden von Graz, Klagenfurt, München und Prag zur Westbahn bringen soll.
Diese "Vorteilspartnerschaft", wie sie ÖAMTC-Generalsekretär Oliver Schmerold benennt, bedeutet auch, dass der Bahnfahrer alle Dienstleistungen an einer Stelle buchen kann. So werde auch die Reservierung einer Bahnfahrt über die Verkehrsclub-Homepage möglich sein. Eine neue Art von Mobilität erhofft sich auch das Autoverleihunternehmen EasyMotion. "Mobilität ist heute multimodal und flexibel, junge Menschen wollen kein Auto teuer kaufen, aber per Bedarf mit einem fahren", setzt Geschäftsführer Stefan Miklauz auf möglichst viele Reisende, die sich vom Bahnhof weg ein Auto ausleihen. Das ist auch stundenweise möglich.
Und auch Miles&More-Flugmeilen können beim Ticketkauf gesammelt werden. Zwei Prämienmeilen pro Euro werden gutgeschrieben, in der Eröffnungsphase sind es vier Meilen, so Isabella Reichl, Marketingdirektorin der Austrian Airlines.
Scotty will die Westbahn nicht haben
"Wir sind alle sich ergänzende Partner, keine Konkurrenz", lautet der Grundtenor der beteiligten Organisationen. Konkurrenz gibt es aber sehr wohl in Form der ÖBB. Nicht nur, dass die Bundesbahnen die Tickets des Mitbewerbers nicht anerkennen wollen, nun scheint man sich auch eigenartigen Animositäten hinzugeben.
Da wirbt die Westbahn mit "Erster-Klasse-Qualität", wogegen die ÖBB klagen. "Dem sehe ich gelassen entgegen", gibt sich Westbahn-Chef Stefan Wehinger selbstbewusst. Weiters würden sich die ÖBB weigern, die Westbahn-Verbindungen in den Öffi-Routenplaner "Scotty" aufzunehmen. Auch stutzig mache, dass einige Eurolines-Verbindungen von Busunternehmer Blaguss, beispielsweise nach Bratislava oder Budapest, nicht mehr im elektronischen Fahrverzeichnis geführt werden. "Ich verstehe das nicht, auch für Scotty bekommen die ÖBB schließlich indirekt Subventionen, da sollte man an die Allgemeinheit denken", meint Busunternehmer Paul Blaguss dazu. Ansonsten arbeite man mit den Bundesbahnen aber gut zusammen, schließlich stimme man sich mit dem ÖBB-Postbus in den Regionen ab.
Preiskampf und Wettbewerbsklagen gegen die ÖBB
Für Westbahn-Chef Stefan Wehinger ist auch das ein Zeichen dafür, dass der Monopolist ÖBB sich seinen Betrieb zwar hoch subventionieren lässt, aber anstatt der Allgemeinheit zuvorderst an sich denkt. Vor allem ärgert den Ex-ÖBB-Personenverkehrsmanager, dass die Bundesbahnen die Preise drücken. Deswegen erwäge man auch eine Wettbewerbsklage. "Subventionen kassieren und Preisdumping betreiben, unserer juristischen Meinung nach ist das nicht möglich", so Wehinger. Heute zahlt man beispielsweise auf der Strecke Wien-Klagenfurt 23,80 Euro mit ÖBB-Vorteilscard, gleich wie auf der nicht-subventionierten Strecke Wien-Salzburg. Wehinger fordert den Marktpreis auf diesen Strecken, wie hoch der aber sein könnte, will er nicht sagen. Auskunftsfreudiger war da Westbahn-Teileigentümer Hans-Peter Haselsteiner, der beim Preis "sicherlich ein Drittel Spielraum nach oben" ortet, wie er der "Tiroler Tageszeitung" vor einigen Tagen sagte.
Auf die ÖBB-Preisaktion von Wien nach Bregenz, die anlässlich der Wiedereröffnung des Westbahnhofs lanciert wurde, hat die Westbahn jedenfalls reagiert. Während die Bundesbahnen 25.000 Tickets um 15 Euro aufgelegt haben, sind es bei der Westbahn, die aus der Bundeshauptstadt nach Salzburg fährt, zwar weniger, nämlich 7.500, dafür kosten sie auch nur 7,50 Euro. Beide Angebote sind zeitlich begrenzt. Bei der Westbahn "ist der größte Teil bereits verkauft", so Wehinger.
Rauchen "Ja, natürlich"
Beim Thema Rauchen gibt sich Wehinger kämpferisch, aber auch gesetzestreu: "Am 11.12 können Sie im ersten Zug um 5:32 rauchen. Ob das um 6:32 auch noch so ist, weil es der Gesundheitsminister untersagt, kann ich ihnen nicht sagen." Die Entscheidung darüber obliege den Juristen. Selbst habe man alles getan, um den Nichtraucherschutz zu gewährleisten. Eine Million Euro sei in Dunstabzugskabinen investiert worden, die per Unterdruck den Rauch in seiner "Insel" lassen würden. Knapp zwanzig Raucher könnten zugleich rauchen, "ohne Nebel", und ohne Nichtraucher, die "da nicht durch müssen". Als Wehinger noch bei den ÖBB war, war das Rauchen gleichwohl kein Thema. Laut Tabakgesetz darf nicht an öffentlichen Orten geraucht werden, die Gastronomie ist die Ausnahme.
Mit der Westbahn gibt es dann ab Dezember also drei Direktverbindungen pro Stunde von Wien nach Salzburg. Der Fahrstart im Winter wirft aber natürlich auch die Frage nach der Sicherheit der Westbahn-Züge auf. Sechs der sieben Züge seien übergeben und zugelassen. Und damit man für den Winter, der für die Eisenbahn einen gehörigen Materialtest bedeutet, vorbereitet ist, setzt man ausgerechnet auf die ÖBB. Genauer auf die ÖBB-Infrastruktur, die für Bau und laufenden Betrieb des Eisenbahnnetzes zuständig ist. Im Gegensatz zum ÖBB-Personenverkehr "sitzen dort nämlich Profis, die wissen, wie man Eisenbahn buchstabiert", streut Wehinger Rosen. (sos, derStandard.at, 24.11.2012)