Monatelang schraubten die Chefmechaniker Merkel und Sarkozy am EU-Motor herum - jetzt haben sie eingesehen, dass sie ihn ganz ersetzen müssen. Bei ihrem Dreiergipfel in Straßburg mit Mario Monti sprachen sie hinter den Kulissen vor allem über die Neufassung der europäischen Verträge. Das Problem ist, dass die Stoßrichtung noch unklar ist. Die Deutschen wollen harte Budgetregeln, die Italiener EZB-Einsätze für überschuldete Staaten, die Franzosen plädieren für einheitliche Fiskalpolitik.

Diese Ziele schließen einander zum Teil aus: Angela Merkel befürchtet etwa ein Nachlassen der Budgetdisziplin einzelner Staaten, wenn die Europäische Zentralbank in letzter Instanz für ihre Schulden einsteht. Bisher hatte die EU durchaus das Talent, solche inneren Widersprüche in elegant klingende Kompromisse zu verwandeln. Heute lassen sie sich aber nicht länger unter den Teppich kehren. Denn die Finanzfrage rund um die Rolle der EZB paart sich, wenn die EU-Verträge neu verhandelt werden, mit der hochpolitischen Kernfrage: mehr oder weniger Europa?

Nicolas Sarkozy, dem das Nein der Franzosen zur EU-Reform von 2005 noch in den Knochen steckt, erkannte die Gefahr: Wenn die Finanzmärkte und die Anti-EU-Populisten gemeinsam Druck machen, kann dieser schnell einmal zu groß werden. Die Neuverhandlung der EU-Verträge ist in der aktuellen Krisenstimmung ein gewagtes Unterfangen. Nicht jedes Auto übersteht das Auswechseln des Motors. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 25.11.2011)