Was dem Land und seinen Bewohnern in diesen Tagen wirklich nottäte wäre eine Feinstaubbremse in der Verfassung. Leider gibt es keine amerikanische Ratingagentur, die sich des Problems annimmt und einen sich für unzuständig erklärenden Minister samt die sich als inkompetent erweisenden Föderalisten ebenso hart an die Kandare nimmt wie die Regierungsspitze in Sachen Sparsamkeit. Schlechter als sie in den letzten Wochen war, könnte die Luft über Österreich dann auch nicht mehr werden. Denn die Volksgesundheit ist egal, auf "die Märkte" muss man schon sorgfältiger achten. Kanzler und Vizekanzler erkennen immerhin ihre Zuständigkeit für die Schuldenbremse an, sind aber nur allzu gern bereit, sie an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, und sich hinter den Ratingagenturen zu verschanzen, wenn es gilt, eine widerwillige Opposition unter Druck zu setzen.

Ja, wenn Moody's der Regierung schon zielgenau vorschreibt, bei den Pensionen und den Förderungen zu sparen, dann müsste doch auch die Opposition ihre nationale Pflicht angesichts derart wohlmeinender internationaler Wünsche erkennen und freudig bereit sein, ein Sparpaket, dessen Einzelheiten niemand kennt, schnurstracks in Verfassungsrang zu erheben. Vielleicht könnte sie leichter überzeugt werden, wenn die alleswissenden Analysten von Moody's gleich die Regierungsgeschäfte übernähmen, statt sich, zurückhaltend wie gewohnt, damit zufrieden zu geben, dass diese sich unter ihren Kittelfalten versteckt.

Statt selber zu handeln und endlich einmal ein schlüssiges, von beiden Koalitionsparteien getragenes Sparpaket vorzulegen, beschränkt sich die Tätigkeit der Regierung darauf, die Opposition aufzufordern, ihr gefällig zu sein. Während nicht einmal innerhalb der Regierungsparteien Einigkeit über die Art besteht, wie und wo gespart werden soll. Es sind daher gerade die Appelle, in denen Grüne, Blaue und Orange zur Pflicht gerufen werden sollen, die deutlich machen, wie wenig die Regierung der ihren nachzukommen imstande ist.

Denn eines ist klar: Zum Sparen wird die Opposition am wenigsten benötigt, da hätte eine Regierung, die weiß, was sie will und das auch kann, schon seit Jahren eine segensreiche Tätigkeit entfalten können. Die Gründe, warum sich die Oppositionsparteien einer Schuldenbremse im Verfassungsrang bisher widersetzen, sind von sehr unterschiedlicher Qualität, im Fall der FPÖ von besonderer Dumpfheit. Darauf kommt es aber gar nicht so sehr an. Denn wenn es ernsthaft ums Sparen geht, ist die ganze Spielerei mit der Verfassung ohnehin überflüssig. Wenn nicht gar schädlich, insofern sie Potential für Erpressungen in der Zukunft enthält. Wenn nun unter Berufung auf Moody's gestreut wird, die Zustimmung der Opposition zu Sparsamkeit im Verfassungsrang würde die Kreditwürdigkeit österreichischer Staatsanleihen verbessern, ist das ein Armutszeugnis für eine Regierung, die sich einreden lässt, was internationalen Anlegern einzureden Moody's vermutlich nicht einmal versuchen würde. Die orientieren sich an Fakten, die österreichische Verfassung interessiert sie ungefähr so viel wie der österreichische Feinstaub. (DER STANDARD; Printausgabe, 25.11.2011)