Diskutierten offen über Privatsphäre: Daniela Zimmer, Daniel Domscheit-Berg, Alexandra Föderl-Schmid, Max Schrems und Konrad Becker (von links nach rechts).

Foto: STANDARD/Chr. Fischer

Wien – Einerseits wollen und müssen wir das Internet für unsere Kommunikation immer stärker verwenden. Andererseits resultieren daraus in Sachen Privatsphäre und Datenschutz Probleme, die uns Angst machen und auf die wir noch keine Antwort gefunden haben. Offensichtlich ist vor allem eins: Während Technik und Internetnutzung rasant voranschreiten, stehen wir erst am Anfang der dringend erforderlichen Bewusstseinsbildung. Dass aber bereits wichtige Wege dazu eingeschlagen werden, machte die STANDARD-Debatte "Jederzeit erreichbar – Jederzeit aufspürbar: Internet & Privatsphäre" in Kooperation mit dem Außenministerium am Mittwoch deutlich.

Internet-Schulung schon im Grundschulalter

Nicht nur die ältere Generation sei mit der Frage überfordert, was für Maßnahmen sie setzen müssten, um sicher im Internet zu surfen, waren sich die Diskutanten bei der von STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid moderierten Veranstaltung einig. Für den Ex-Wikileaks-Aktivisten Daniel Domscheit-Berg führt daher kein Weg daran vorbei, dass Internet-Schulung schon im Grundschulalter beginnen müsse.

Grenzen für Datensammelwut von Unternehmen

Mit Sensibilisierung allein ist es für AK-Konsumentenschützerin Daniela Zimmer nicht getan. Der typische Student in Österreich wisse laut einer Studie zwar, dass er viele Daten im Internet preisgebe, sehe aber dazu keine Alternative, sagte Zimmer, die auch Mitglied der österreichischen Datenschutzkommission ist. Der Datensammelwut von Unternehmen müsse auch rechtlich Grenzen gesetzt werden. Sie wünscht "eine Halterhaftung für Daten wie bei einem Fahrzeug, Unternehmen müssen nachweisen, dass sie rechtskonform handeln."

Entschlackung der Geschäftsbedingungen

Der Jus-Student Max Schrems, der seit kurzem mit einer Datenschutzklage gegen Facebook von sich reden macht, sprach sich unter anderem für eine Entschlackung undurchschaubarer allgemeiner Geschäftsbedingungen aus. Die Diskussion über Datenkraken wie Facebook dürfe aber nicht in Technikfeindlichkeit kippen: "Soziale Netzwerke sind eine coole Sache."

"Modernes Sklaventum"

Für Konrad Becker, Direktor des Wiener World Information Instituts, steht hingegen fest: "Die ständige Erreichbarkeit durch Internet und Co ist modernes Sklaventum."

Bei aller Diskussion um Datenschutz und -sicherheit dürfe nicht vergessen werden, dass in keinem Bereich derzeit so viel Geld gemacht werde wie gerade hier, gab Domscheit-Berg zu bedenken. Dabei werde gern mit dem Thema Angst gearbeitet.

"Das Drama von Datenschutzdiskussionen ist, dass sie einen hohen Frustrationsfaktor haben", stellte Schrems abschließend nüchtern fest. Sie zeigen aber auch auf, dass viele Denkprozesse über das Thema im Gange sind. Die Probleme, mit denen wir in Sachen Privatsphäre und Datenschutz konfrontiert sind, sollten von uns aber auch als Motor zur Verbesserung gesehen, wie Domscheit-Berg anmerkte. (kat/DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2011)