Seit Dienstag den 15. 11. 2011 ist es nun auch in Österreich so weit, der Ministerrat hat eine Gesetzesvorlage auf den Weg gebracht, die eine sogenannte "Schuldenbremse" nach deutschem Vorbild in der Verfassung verankern soll.

Nun wird niemand bestreiten dass dem österreichischen "business model" einige Strukturreformen in den Bereichen Föderalismus, Subventionen oder Privilegien ganz gut bekommen würden, die deutsche Schuldenbremse ist aber reich an versteckten Pferdefüßen. Besonders problematisch ist, dass das Gesetz jede Konjunkturpolitik in Hinkunft unmöglich machen wird. Die Regierung und insbesondere die SPÖ wären gut beraten, genauer hinzuschauen anstatt hier ein Husch-Pfusch-Gesetz zu beschließen.

Gegeben ein aktuelles BIP von ca. 285 Milliarden Euro für Österreich, kann das strukturelle Defizit in Hinkunft höchstens eine Milliarde Euro betragen. Zum Vergleich, laut Wifo hat die öffentliche Hand seit 2008 knapp zwölf Milliarden Euro zur Konjunkturstabilisierung ausgegeben (exklusive der Bankenpakete). In der Löwelstraße versucht man den SPÖ-Mitgliedern dennoch einzureden, dass die Konjunkturpolitik nicht in Gefahr sei. Doch das ist Humbug. Die vorgesehene Ausnahmeregelung für "Naturkatastrophen und außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die gesamtstaatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen", so das Gesetz, ist explizit nicht für konjunkturelle Abschwünge gemacht - denn sonst würde das Code-Wort "Rezession" wohl auch drinnenstehen.

Die Kollegen vom deutschen Finanzministerium sehen das in ihrem Kompendium zur Schuldenbremse genauso: "Normale zyklische Abschwünge stellen keine Situation dar, die eine Ausnahme rechtfertigen." Das sollte alle Alarmglocken schrillen lassen.

Ein starker und handlungsfähiger Staat ist absolut erforderlich, um das konjunkturelle Auf und Ab von Wirtschaft und Finanzmärkten in den Griff zu bekommen, das sollte uns die Weltwirtschaftskrise gelehrt haben.

Doch in der jetzigen Situation redet ohnehin niemand mehr von Konjunkturpaketen. In der Realität können wir das Gegenteil erwarten, die Schuldenbremse wird zu neuen Sparpaketen führen. Und das wird nicht ohne makroökonomische Folgen bleiben. Das deutsche Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hat berechnet, dass mit der Schuldenbremse das reale BIP Deutschlands im Zeitraum von 2000 bis 2007 um bis zu 1,5 Prozent unter dem tatsächlichen Niveau gelegen hätte, und dass dadurch bis zu eine halbe Million Menschen weniger beschäftigt gewesen wären. Umgerechnet auf Österreich würde dies bedeuten, dass durch die Schuldenbremse in etwa gleich viele Menschen ihren Job verlieren wie durch die Krise.

In einer Situation, wo der Euroraum zu zerbrechen droht und die private Ausgabendynamik praktisch zum Erliegen gekommen ist, werden verstärkte Sparanstrengungen in wirtschaftlich starken Ländern wie Österreich unsere Wirtschaft erneut in die Rezession treiben. (Dominik Bernhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.11.2011)