Kairo - Mit großem Andrang vor den Urnen hat am Montag die erste ägyptische Parlamentswahl seit dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak begonnen. Vor vielen Wahllokalen in der Hauptstadt Kairo bildeten sich in der Früh lange Warteschlangen. Einige Wähler waren schon eine Stunde vor Beginn erschienen, um sich anzustellen. In manchen Wahllokalen bilden sich bereits doppelreihige Wahllschlangen. Für Ägypten, wo die Wahlbeteiligung in der Mubarak-Ära immer sehr niedrig war, ist dies ungewöhnlich. In einigen Wahllokalen gab es allerdings laut den derStandard.at-Korrespondenten einige logistische Probleme.

Einzelne Wahllokale waren am späten Vormittag noch nicht geöffnet. In anderen waren keine Stimmzettel vorhanden. Darunter in Assiut in Mittelägypten und Fayoum im Norden, berichtet die unabhängige ägyptische Tageszeitung Al Masry Al Youm in ihrer englischsprachigen Internetausgabe. Auf einigen Stimmzettel wiederum fehlen die Stempel, die die Papiere erst gültig machen. Außerdem gibt es Beschwerden über die mangelnde bis nicht vorhandene Präsenz der Sicherheitskräfte rund um die Wahllokale. Vor anderen Wahllokalen wird trotz eines Wahlwerbeverbots am Tag der Wahl intensiv Wahlkampf betrieben.

Abdel Moez Ibrahim, Chef der lokalen Wahlbeobachtungsmission, stellte auf einer Pressekonferenz zwei Hauptprobleme fest: Richter seien zu spät zu den Wahllokalen erschienen, weil sie im Verkehr stecken geblieben waren oder die Adresse der Wahllokale nicht kannten. Zweitens: In fünf Wahllokalen in Kairo kamen weder die Stimmzettel, noch die Wahlurnen an.

Wahlen bis Jänner

Zuerst sollen die Bewohner von Kairo, Alexandria und sieben weiteren Provinzen ihre Stimmen abgeben. Im Dezember und Jänner folgen dann die anderen 18 Provinzen. Um sicherzustellen, dass jeder Bürger seine Stimme abgeben kann, sollen die Wahllokale jeweils an zwei Tagen hintereinander geöffnet sein. Nach jedem Wahlgang ist zudem eine Stichwahl in den Bezirken vorgesehen, in denen kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht hat. Das vollständige Wahlergebnis soll am 13. Jänner bekanntgegeben werden.

Gewalt im Vorfeld

Der Wahlkampf war von Protesten gegen das herrschende Militär und von Gewalt gegen Demonstranten überschattet. Trotzdem hatte der Oberste Militärrat, der im Februar die Macht von Mubarak übernommen hatte, eine Verschiebung der Wahl abgelehnt. Auch die Muslimbrüder und die neuen radikalen Islamisten-Parteien waren gegen jede Verzögerung, weil sie sich jetzt bessere Chancen ausrechnen. Derzeit ist es am Montag laut dem ägyptischen Staatsfernsehen nirgends zu Gewalt gekommen.

Zwei Drittel der 498 Sitze sollen Kandidaten von Parteilisten besetzen. Die restlichen Mandate sind für Direktkandidaten reserviert. Alleine im ersten Wahlgang bewarben sich 2.357 Kandidaten um Direktmandate. Knapp 50 Millionen Ägypter sind wahlberechtigt. Erstmalig dürfen auch die Ägypter im Ausland wählen. Sie haben vergangene Woche (ab Mittwoch) ihre Stimmen in Botschaften und Konsulaten abgegeben. In Österreich leben laut Statistik Austria 13.300 Menschen ägyptischer Herkunft, 914 sind als Wähler registriert. Insgesamt leben acht Millionen Ägypter im Ausland. (red)