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Ivanschitz ganz vorne, Baumgartlinger ganz hinten.

Foto: Reuters/Bohlen

Wien/Mainz - Am Montag hat Andreas Ivanschitz "den perfekten Sonntag" aus den Beinen geschüttelt. Auch in Mainz laufen Fußballer nach getaner Arbeit ganz normal aus. Ivanschitz hat Zeitungen gelesen, die Bild, den Kicker. Die Note eins hat er bekommen, zum Mann des Spiels wurde er gewählt. Zitat des Mainzer Präsidenten Harald Strutz: "Die Situation hat er klasse gelöst, da merkt man, welche Erfahrung er hat."

Strutz bezog sich auf die elfte Minute. Ivanschitz schilderte dem STANDARD den Treffer zum 1:0 gegen Bayern München so: "Steilpass von Nicolai Müller, ich umkurve Tormann Neuer, sehe, dass sich Boateng zu Torlinie bewegt. Ich musste reagieren, stoppte, schob den Ball mit dem linken Fuß ins lange Eck. Das war eine Mischung aus Instinkt und Denken." Später hat er noch das 3:1 mit einem Eckball vorbereitet, Mainz siegte 3:2. "Die Bayern sind mächtig, aber nicht übermächtig. Das wusste ich, das wussten wir."

Nüchterner Genuss

Die Spieler hätten sich nach dem Erfolg sogar offiziell betrinken dürfen (nicht hemmungslos, ein leichter Schwips halt), Ivanschitz hat das Angebot abgelehnt. "Natürlich soll man so einen Moment genießen. Aber ein Erfolg gegen die Bayern ist immer nur das Zubrot. Allerdings kann er einen Schub auslösen." Und den benötigen die Mainzer als 13. in der Tabelle. Es wäre kühn, das widerliche Abstiegsgespenst zu leugnen. Ivanschitz: "Gegen die direkten Konkurrenten musst du punkten." Bis Weihnachten kommen sie zuhauf, Wolfsburg, Köln und Hamburg sind die Aufgaben.

Der 28-jährige Ivanschitz durchlebt "eine sehr schöne Phase. Ich habe viel erlebt, positive und negative Erfahrungen gesammelt. Ich fühle mich gut und ausgeglichen, genieße jede Partie. Ich habe zu einer Lockerheit gefunden." Insofern bange er weder um Mainz noch um sich selbst: "Wir hatten zwei hervorragende Saisonen. Es ist normal, in der deutschen Liga Schwierigkeiten zu bekommen. Der Druck wächst, auch der mediale, die eigenen Ansprüche steigen. Aber Mainz ist zum Glück ein sehr realistischer, bodenständiger Klub, man ist hier an Panik nicht interessiert."

Mainz verlor im Sommer drei wichtige Kräfte, Andre Schürrle, Lewis Holtby und Christian Fuchs. Julian Baumgartlinger stieß dazu, gegen die Bayern lieferte der 23-Jährige im defensiven Mittelfeld eine starke Partie ab. Ivanschitz ist quasi stolz auf seinen Landsmann. "Ich kannte ihn ja nicht. Aber es ist enorm, wie er sich in den vergangenen Monaten entwickelt hat, er wird für uns immer wichtiger." Bei den Bayern machte übrigens David Alaba mit, er zählte noch zu den Besseren.

Kein Stress

Der Vertrag von Ivanschitz in Mainz endet 2013, irgendwann werden Gespräche über einer Verlängerung geführt. "Es gibt da keinen Stress. Ich möchte möglichst lange im Ausland spielen. Keine Ahnung, welche Perspektiven sich eröffnen. Aber Mainz passt zu mir." Das hat nichts mit der Lustigkeit der Stadt (Karnevalshochburg!) zu tun. "Es ist hier alles normal, vernünftig und fair, die Philosophie passt." Die Zusammenarbeit mit Trainer Thomas Tuchel klappe vorzüglich. "Er baut zu jedem eine gute Bindung auf und versucht dich besser zu machen."

Ivanschitz hält bei vier Saisontreffern, ist Klubbester. Ein Grund für das persönliche Wohlbefinden sei das Comeback in der österreichischen Nationalmannschaft gewesen. "Das Team hat mir definitiv gefehlt, ich brauche es, um als Fußballer glücklich zu sein." Verbale Spitzen Richtung Dietmar Constantini spart er sich. "In meinem 50. Länderspiel nach mehr als zwei Jahren Pause ein Tor zu schießen und zwei Treffer vorzubereiten bleibt ein prägendes Erlebnis." Zur Erinnerung: Es war das 4:1 in Aserbaidschan. Mittlerweile hat er es auf 52 Einsätze gebracht. Am Montag hat Andreas Ivanschitz die Anstrengungen aus den Beinen geschüttelt. "Mir geht es wunderbar." (Christian Hackl, DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 29. November 2011)