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Foto: Reuters/Slavkovic

Pristina/Belgrad/Wien - Bei einer neuen Machtprobe zwischen Serben und der internationalen Schutztruppe KFOR im Nordkosovo sind am Montag insgesamt etwa 50 Personen verletzt worden, darunter acht österreichische und 17 deutsche Soldaten. Das bestätigten das Streitkräfteführungskommando in Graz sowie das Verteidigungsministerium in Wien. Die Serben meldeten wenigstens 30 Verletzte durch Tränengas und Gummigeschoße. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ereignete sich der Zwischenfall um 17.20 Uhr während der Räumung einer durch ortsansässige, ethnische Serben errichtete Straßensperre in Zubin Potok. Auch am Abend hat sich die Lage in dem Dorf Jagnjenica nicht beruhigt. Zwei serbische Zelte wurden in Brand gesetzt. Die NATO zeigte sich angesichts der Gewalt im Norden des Landes besorgt.

Wie Günter Ruderstaller vom Streitkräfteführungskommando und Peter Barthou, Sprecher des Verteidigungsministeriums, auf APA-Anfrage mitteilten, wurden zwei der österreichischen KFOR-Soldaten "mittelschwer verletzt". Niemand schwebe aber in Lebensgefahr. Die sechs weiteren hätten ambulant behandelt werden können und befänden sich "theoretisch" wieder im Einsatz. Zwei deutsche Soldaten erlitten leichte Schussverletzungen, wie ein KFOR-Sprecher berichtete.

Hintergrund der Krawalle sind die Straßenblockaden ortsansässiger Serben und der Streit um die Kontrolle über zwei Grenzübergänge nach Serbien. Die ethnischen Serben halten seit Mitte September die wichtigsten Verkehrswege unter Blockade, um gegen die Anwesenheit kosovarischer Zöllner an den zwei Grenzübergängen im Nordkosovo zu protestieren. Bei der Räumung einer Sperre in dem Dorf Jagnjenica nahe Mitrovica war die Situation eskaliert. Serbische Demonstranten bewarfen die Soldaten der NATO-Truppe mit Steinen, Feuerwerkskörpern und anderen Gegenständen. Die KFOR reagierte mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschoßen.

"Übermäßiger Gewalteinsatz"

Der Bürgermeister vom Nordteil von Mitrovica, Krstimir Pantic, beschuldigte gegenüber serbischen Medien die KFOR wegen "übermäßigen Gewalteinsatzes" gegen serbische Demonstranten. KFOR-Sprecher Uwe Nowitzki wies Pantics Vorwürfe zurück. Die Operation sei vollkommen im Einklang mit dem KFOR-Mandat gewesen und habe darauf abgezielt, die Bewegungsfreiheit und Sicherheit auf dem gesamten Gebiet des Kosovo zu sichern, erklärte Nowitzki gegenüber dem TV-Sender B-92. Auch hätten die KFOR-Soldaten erst reagiert, nachdem sie seitens der Serben beschossen worden seien.

Der serbische Kosovo-Minister Goran Bogdanovic wollte sich am Abend bei einer Sitzung des Kosovo-Ausschusses des serbischen Parlamentes nicht zur Zahl der bei den heutigen Zwischenfällen verletzten Personen äußern. Allerdings sprach er von "einseitigen Aktionen" der KFOR, die sich der "Kontrolle entziehen" könnten. Die Konfrontationen könnten sich auf andere Barrikaden ausweiten, meinte Bogdanovic. Laut früheren Medienberichten gibt es im Nordkosovo derzeit etwa 18 Barrikaden, die von ortsansässigen Serben seit zweieinhalb Monaten rund um die Uhr überwacht werden.

Bogdanovic teilte außerdem mit, dass der serbische Staatschef Boris Tadic und Premier Mirko Cvetkovic derzeit "im Dauerkontakt" mit Vertretern der internationalen Missionen im Kosovo stünden nach einer friedlichen Lösung suchten.

Der Leiter des serbischen Kosovo-Verhandlerteams, Borislav Stefanovic, bestätigte am Abend, dass die nächste Gesprächsrunde in Brüssel trotz heutiger Zwischenfälle wie geplant am Mittwoch stattfinden würde. Auf der Tagesordnung stehen die Grenzkontrolle sowie die Teilnahme des Kosovo an regionalen Treffen.

Die NATO kritisiert das Vorgehen der ortsansässigen Serben und zeigte sich "besorgt über die Entwicklungen". "Der Einsatz von Gewalt gegen Soldaten der KFOR ist inakzeptabel", so NATO-Sprecherin Oana Lungescu in Brüssel. "Wir fordern alle Seiten zur Zurückhaltung und zu einer Zusammenarbeit mit allen internationalen Stellen auf, um die Bewegungsfreiheit im Kosovo ohne Verzögerung wieder herzustellen", sagte Lungescu.

  (APA)