Wien - Die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) hat auf ihrem per Rechtsweg bestrittenen Kampf um ein höheres Budget Recht erhalten. Wie die eigens eingerichtete Schlichtungskommission unter Vorsitz der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH), Irmgard Griss, am Montag bekanntgab, muss das Wissenschaftsministerium der WU bis Ende des Jahres zusätzliche sechs Millionen Euro auszahlen. Damit werde das in den Leistungsvereinbarungen für 2010 bis 2012 festgesetzte Grundbudget "wegen gravierender Veränderung der zugrundeliegenden Rahmenbedingungen" von rund 185 Millionen Euro auf etwa 191 Millionen Euro erhöht.
WU-Rektor Christoph Badelt hatte auf dem Rechtsweg mehr Geld gefordert, nachdem die in der Leistungsvereinbarung fixierte und versprochene Platzbeschränkung nach dem Notfallparagraf 124b für überlaufenen Massenstudien am Widerstand von Koalitionspartner SPÖ gescheitert war. Da die Zahl der Studenten an der WU nun fünfmal so hoch ist wie die vorhanden Kapazitäten und er keine Plätze beschränken durfte, wollte Badelt für den notwendigen Ausbau der WU mehr Geld vom Ministerium.
Dass der WU nicht die von Badelt gewünschten 64,4 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zugesprochen wurden, erklärt die Schlichtungskommission damit, dass das Wissenschaftsministerium "auch nicht mehr verteilen" kann, "als es für diese Zwecke hat". Der Kommission sei "bewusst, dass der WU ein wesentlich höherer Betrag zustünde, wenn die Leistungen des Bundes in dem Maß erhöht werden könnten, in dem die tatsächlichen Studierendenzahlen die Zahl der Studierenden bei geregeltem Zugang zu den Bachelorstudien übersteigen". Eine Budgeterhöhung in diesem Ausmaß "muss aber an den begrenzten Mitteln scheitern, die für diese Leistungsvereinbarungsperiode noch zur Verfügung stehen" - nämlich insgesamt zehn Millionen Euro.
Kommission: Mehrbetrag wäre nötig gewesen
In ihrer Stellungnahme kritisiert die Schlichtungskommission, dass zwischen Bund und Wirtschaftsuniversität (WU) nach dem "Scheitern der Bemühungen um eine Zugangsregelung" keine Budgeterhöhung beschlossen wurde. "Redliche und vernünftige Parteien" hätten demnach "einen Mehrbetrag vereinbaren müssen", der die höheren Aufwendungen deckt. "Das wäre nicht der von der WU geforderte Betrag gewesen", räumt die Kommission aber ein, "weil sich die Parteien angesichts der budgetären Zwänge darauf nicht hätten einigen können."
Zugangsreglen "unabdingbar"
Für künftige Leistungsvereinbarungen hält die Kommission zugunsten annehmbarer Studienbedingungen in Massenstudien Zugangsregelungen für "unabdingbar", wenn keine drastische Erhöhung des Uni-Budgets erfolgt. Der Bund dürfe den Universitäten "nur insoweit Aufgaben übertragen, als er ihnen auch die - finanziellen oder anderen - Mittel eröffnet, um die Aufgaben zu erfüllen". Deckt sich das Budget nicht mit den Studentenzahlen, müsse die autonome Uni selbst Zugangsbeschränkungen einführen oder Studiengebühren einheben können.
Badelt: "Entscheidung hat Auswirkungen auf alle Unis"
Rektor Badelt zeigte sich in einer Aussendung überzeugt, dass der Bescheid die Verhandlungen für die kommende Leistungsvereinbarung von 2013 bis 2015 für alle Universitäten beeinflussen wird. "Diese müssen darauf bedacht sein, nicht mehr Leistungen zu versprechen als sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittel auch erfüllen können", so Badelt. Da die Kommission mit Verweis auf das Budget des Wissenschaftsministeriums der WU nur sechs Millionen Euro zuspricht, könne seine Unversität mit dem Geld nur "ein paar besondere Härten im Lehrbetrieb" mildern. Badelt sieht in der Entscheidung auch eine rechtliche Klarstellung dafür, dass "die bisher praktizierte Hochschulpolitik in Österreich verfassungsrechtlich bedenklich ist und daher aus Anlass der nächsten Leistungsvereinbarung eine Entscheidung zwischen Zugangsregeln oder drastischen Budgetsteigerungen notwendig sein wird."
WU lässt sich Berufung offen
Ob die WU die Entscheidung der Schiedskommission anfechten will, lässt man sich derzeit noch offen, erklärt die WU-Sprecherin gegenüber derStandard.at. Eigentlich würden der WU ja 64,4 Millionen Euro statt der angekündigten sechs Millionen zustehen. "Es geht uns vor allem um die bildungspolitische Komponente, die hinter diesem Entscheid steckt“. Der Bescheid sei noch nicht rechtskräftig und müsse nun juristisch geprüft werden. Nachsatz: Wenn dieser Betrag von sechs Millionen Euro nur eine einmalige Zahlung ist und es auf Dauer zu keiner Budgeterhöhung kommt, werde man damit nicht auskommen.
Geld fließt in Studiengeingangsphase
Der größte Teil des von der Schlichtungskommission zugesprochenen Mehrbetrags, nämlich vier Millionen Euro, soll der Verbesserung der Studienbedingungen in der neuen Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) ab dem Wintersemester 2011/12 dienen. Weitere zwei Millionen Euro werden als "Abgeltung von Mehraufwendungen und für den Ausgleich von Nachteilen angemessenen" zugesprochen.
Das derzeitige Gesamtbudget der WU (Globalbudget plus Studiengebühren) liegt bei rund 297,9 Mio. Euro für die Jahre 2010 bis 2012. Exklusive Formelbudget, das sich nach Kriterien wie der Zahl der Studenten richtet, sind es die von der Schiedskommission angegebenen rund 185,3 Mio. Euro für drei Jahre.
Schmidinger sieht SPÖ unter Zugzwang
Aus Sicht des Präsidenten der Universitätenkonferenz (uniko), Heinrich Schmidinger, wird der Bescheid der Schlichtungskommission Auswirkungen auf alle Universitäten haben. "Das wird wenigstens all jene Unis betreffen, die sehr stark nachgefragte Studienrichtungen haben", sagt er. Durch die Feststellung der Kommission, dass die Unis entweder mehr Geld oder die Möglichkeit zu Zugangsbeschränkungen bekommen müssen, sieht er die SPÖ unter Zugzwang. "Sie muss sich auf jeden Fall dem Thema der Zugangsregeln stellen, sie kann nicht mehr einfach mauern."
Töchterle fühlt sich bestätigt
Von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) heißt es in einer ersten Reaktion, er wolle zügig notwendige Rahmenbedingungen umsetzen, um in Massenfächern Regelung zum Uni-Zugang einzuführen.
"Ich habe seit jeher betont: Universitäten haben Kapazitäten und die müssen sie auch leben dürfen. Das haben wir mit dem Bescheid der Schlichtungskommission schwarz auf weiß", so Töchterle. Zu den sechs Millionen Euro, die das Ministerium der WU bezahlen muss, sagt er: "Diese Mittel mildern zwar kurzfristig die Probleme an der WU, sie sind aber keine langfristige Lösung." Er fordert einen geregelten Zugang zu den Universitäten. "Vor allem in den Massenfächern brauchen die Unis rasch Instrumente, die sie gezielt einsetzen können." Er werde mit der SPÖ Gespräche aufnehmen, um gemeinsam zu einer Lösung zu kommen.
SPÖ weiter gegen Zugangsbeschränkungen
Die SPÖ spricht sich nach dem veröffentlichten Urteil im erneut gegen Zugangsbeschränkungen aus. Das Wissenschaftsministerium habe von vornherein mit "der nicht rechtskonformen Zusage zu Zugangsregelungen in den Leistungsvereinbarungen" einen Fehler gemacht, "der nun durch die Nachzahlung an die WU korrigiert wird", so SP-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl.
Die Schlichtungskommission fordere "Zugangsregelungen oder Budgeterhöhungen" - ersteres gebe es bereits, für zweiteres werde mit der von Töchterle und Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) in Aussicht gestellten Hochschulmilliarde ein "sehr wichtiger und richtiger Schritt" getan. SP-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter regte zudem erneut an, zusätzliche Mittel für die Universitäten über eine Vermögenssteuer einzuholen.
ÖH: "Finanzmisere beenden"
Als "deutliche Aufforderung" an Töchterle, "die Finanzmisere der Unis zu beenden", wertet die ÖH den Spruch der Schlichtungskommission. Dieser zeige "einmal mehr, dass die Universitäten extrem unterfinanziert sind", so ÖH-Generalsekretär Peter Grabuschnig (Fraktion engagierter Studierender, FEST) in einer Aussendung. Dass die WU überhaupt den Rechtsweg beschreiten musste, um finanzielle Mittel einzuklagen, bezeichnet er als "Armutszeugnis für die österreichische Bildungs- und Finanzpolitik". (APA)