Ein vorurteilsbeladener Staatsanwalt, der voreilig einen vorsichtigen Umgang mit der jüdischen Gemeinde einmahnt, plakative Erklärungen jüdischer Traditionen und ihrer Bedeutung in der Gegenwart und ein Kommissar, der nach einer Kollegendiskussion über das "Dritte Reich" am Ende des Krimis die KZ-Gedenkstätte Dachau besucht: Kein Zweifel, der Münchner Tatort diesen Sonntag war als ein Werk der Aufklärung gemeint.

Foto: ORF/BR/Barbara Bauriedl

Dem hehren Ziel entsprechend, erkundeten die Kommissare Batic und Leitmayr in Stellvertretung einer von Berührungsängsten geprägten Zielgruppe den Mikrokosmos rund um eine Synagoge, in der ein ermordeter Unternehmer aufgefunden wurde. Einschlägigen Klischees begegnete der Film mit vorsichtigem Humor: Leitmayr bringt etwa den Staatsanwalt in Verlegenheit, in dem er auf seine Nase zeigt und behauptet, eine jüdische Großmutter zu haben. Einer keifenden Hausmeisterin wird erklärt, dass nicht die Juden, sondern die Römer ihren Heiland auf dem Gewissen hätten

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Nicht nur die Kommissare, auch die Macher des Films übten sich in interkultureller Vorsicht. Selten war ein Tatort derart kalkuliert und diszipliniert in Szene gesetzt worden. Die aufklärerische Forderung, die an die Handlung gestellt wurde, ließ den Film aber etwas verkrampft zurück. Die Mördersuche selbst verlagerte sich tendenziell in den Hintergrund.

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Leitmayr und Batic konnten vielleicht am Ende den "ganz normalen Fall", wie der Untertitel sagte, lösen. Der Film selbst scheiterte aber an dem Unterfangen. Wenn man den Tatort als Gradmesser eines Zusammenlebens der Kulturen nehmen darf, dann ist es alles andere als entspannt. (Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 29.11.2011)

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