Kommt es in Europa zu ungeordneten Staats- und Bankpleiten, sind Falten im Geld das geringste Problem.

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Die OECD erwartet in diesem und im kommenden Quartal eine leichte Rezession in der Eurozone. 2012 werde die Wirtschaft im Euroraum nur um 0,2 Prozent zulegen. Sollte es der Politik nicht gelingen, die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen, drohe noch ein wesentlich dramatischeres Szenario, warnte die Organisation am Montag. Die OECD plädiert für ein stärkeres Einbeziehen der Europäischen Zentralbank als Krisenfeuerwehr.

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Paris/Wien - Europa hat es geschafft. Der Kontinent wird von der OECD als aktuell größte Gefahr für die Weltwirtschaft eingestuft. Nun müsse die Politik entschlossen handeln, um "das Schlimmste zu vermeiden", sagte OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan am Montag bei der Präsentation der aktuellen Wachstumsprognosen.

Neben einer Aufstockung des Eurorettungsschirms plädiert nun auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für ein verstärktes Einschreiten der Europäischen Zentralbank (EZB) als Krisenfeuerwehr. Zuletzt hatten bereits zahlreiche Ökonomen unbegrenzte Staatsanleihenkäufe durch die EZB gefordert, um so den Zinsdruck auf die Eurostaaten zu senken. In den vergangenen Wochen waren ja de facto alle Euroländer mit stark steigenden Zinskosten konfrontiert. Werde diesen "Sorgen der Märkte nicht Rechnung getragen, drohen massive Störungen des Wirtschaftsgefüges", meint die OECD.

Ihre deutlich nach unten korrigierten Konjunkturprognosen stellt die Organisation daher unter Vorbehalt. Käme es zu ungeordneten Staatsbankrotten, Kreditverknappungen oder großflächigen Bankenpleiten, wäre wohl eine "tiefe Rezession" in der Eurozone die Folge.

Aktuell rechnet man nur mit einer "leichten Rezession". In diesem und im kommenden Quartal werde die Wirtschaftsleistung im Euroraum schrumpfen, danach wieder zulegen. Für das Gesamtjahr 2012 wird noch mit einem leichten Wachstum von 0,2 Prozent gerechnet. Damit ist man etwas pessimistischer als die EU-Kommission, die vor kurzem ein Wachstum von 0,5 Prozent für die Eurozone prognostizierte.

Risikofaktor USA

Als zweiten großen Risikofaktor sieht die OECD die parteipolitischen Rangeleien um Sparmaßnahmen zwischen Republikanern und Demokraten in den USA. Sollte kein Weg gefunden werden, um jene Maßnahmen abzumildern, die bei einer Nichteinigung ab 2013 greifen, könnte die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen, glaubt die OECD. Aktuell wird für 2012 mit einem Wachstum von zwei Prozent gerechnet, für 2013 mit 2,5 Prozent. Im Sog der Krisenherde schwächt sich auch das globale Wachstum deutlich ab. Die OECD geht nur mehr von einem Plus von 3,4 Prozent für das Jahr 2012 aus, im Mai lag die Prognose noch bei 4,6 Prozent.

Österreich darf laut OECD 2012 mit einem Wachstum von 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung rechnen. Damit ist man ebenfalls pessimistischer als andere Experten. Das Wirtschaftsforschungsinstitut prognostizierte zuletzt 0,8 Prozent, das Institut für Höhere Studien 1,3 Prozent und die EU-Kommission 0,9 Prozent.

"Abwärtsrisiken" werden in den engen Handelsbeziehungen zu Italien gesehen, das zuletzt in den Fokus der Finanzmärkte rückte. Eine "besondere Gefahr" für die Republik stelle aber auch das starke Engagement der heimischen Banken in Zentralost- und Südosteuropa dar.

Um das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen, solle die Regierung die angekündigte Schuldenbremse "rasch" umsetzen, wird vorgeschlagen. Um das Wachstum anzukurbeln, schlägt die OECD unter anderem eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Geringqualifizierte vor. (go, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2011)