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Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Die Bestechungsaffäre in der Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (OeBS) weitet sich aus. Wie die Oesterreichische Nationalbank als Eigentümerin nach Recherchen des STANDARD mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf Aufsichtsratsmitglieder ausgedehnt. Nach diesen Informationen sind allein zwölf Personen betroffen, zu denen Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny, sein Stellvertreter Wolfgang Duchatczek und mit Peter Zöllner ein weiteres Direktoriumsmitglied der Oesterreichischen Nationalbank zählen.

Auch der frühere Notenbank-Chef Klaus Liebscher und andere Funktionäre sind neben Managern und Anwälten der Druckerei mit der Justiz konfrontiert.

Die Justiz ermittelt gegen einige von ihnen in ihrer Funktion als Aufsichtsräte. Ex-Manager haben inzwischen ausgepackt - sie sprechen von Bestechung.

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Nun hat die Causa Banknotendruckerei OeBS also auch den Aufsichtsrat erreicht - und damit die Notenbankspitze unter Ewald Nowotny (siehe "Strafverfahren gegen OeBS-Aufsichtsrat"). Dabei hat die Nationalbank (OeNB; Eignerin der OeBS) die Causa jüngst selbst angezeigt. Damals waren Finanz und danach der Konzernrevision fragwürdige Provisionen von 14,5 Mio. Euro aufgefallen, die angeblich für die Akquise in Aserbaidschan (11,6 Mio.) und Syrien (2,8 Mio.) verwendet wurden. Verdacht: Bestechung; Hinweise auf Kickbacks gibt es bisher nicht.

Was es aber gibt: Aussagen der bisher Beschuldigten, wonach die Millionen für Bestechung im Ausland geflossen sind.

Die Staatsanwaltschaft Wien prüft nun eben auch Verdachtsmomente gegen den Aufsichtsrat unter Wolfgang Duchatczek, OeNB-Vizechef. Denn: Im Aufsichtsrat waren die Provisionen immer Thema; abgeschafft wurden sie nie und aus den Einvernahmen ergibt sich der Verdacht, die Betroffenen hätten über die angebliche Bestechung Bescheid wissen können bzw. müssen. Die OeNB teilte mit, der Aufsichtsrat weise die Vorwürfe zurück und werde "mit den Behörden voll kooperieren".

"Nebeneinkommen"

Bisher standen sechs Leute im Mittelpunkt der Causa: Der kaufmännische OeBS-Chef, Michael Wolf, Technikchef Johannes Miller, die Ex-Vertriebschefin und die zwei Anwälte Klaus A. und Friedrich F. Dem pensionierten Anwalt gehört laut seiner Aussage die panamesische Venkoy, über die die Millionen-Provisionen flossen. Anwalt A. hat erstens seinen Freund F. ins Spiel gebracht und zweitens Millionen über eigene Kanzleikonten fließen lassen - beide zusammen hätten 450.000 Euro dafür kassiert. A. spricht von einem "sehr angenehmen Nebeneinkommen". 2008 und 2009 gerieten sie nach Geldwäscheverdachtsmeldungen der Bawag bzw. UniCredit Bratislava ins Visier der Geldwäsche-Ermittler - die Staatsanwaltschaft hat die Verfahren gegen sie aber eingestellt und jetzt wieder aufgenommen.

Miller und Anwälte sind in U-Haft, Wolf und Ex-Managerin wurden wieder frei gelassen. Der Grund: Sie haben ausgepackt.

Laut der Aussagen von Anwalt A. steckte die OeBS nach den Krisenjahren 2004/05 "in einer Zwangslage". Mit dem Euro-Drucken allein konnte man nicht leben, "also sah man sich auf exotischen Märkten um". Die OeBS habe es „zunächst ehrlich probiert, wurde aber auf den_Märkten ausgelacht". Irgendwann habe man sich „den Marktgegebenheiten angepasst" - da kam die Venkoy ins Spiel. Mit ihr schloss die OeBS laut A. rückdatierte Verträge ab, "Zweck war der, dass das Geld unauffällig aus der OeBS abfließt und die_Vertriebsmanagerin es verwenden kann, für ihre Lobbyingtätigkeiten", so A. Anwalt F. im Verhör: „Ich habe mir natürlich gedacht, dass ... solche Zahlungen im Geruch der Korruption stehen." Wie es nach der Überweisung an Venkoy weiter ging, erhellt sich aus der Zusammenschau der diversen Aussagen. F,. holte das Geld („sehr unrunde Summen") meist in bar ab und brachte es A. "Er sagte mir, auch er müsse das Geld in bar übergeben. Die Empfänger sollen ungute Personen sein." Laut Ex-OeBS-Chef Wolf hat die OeBS die „rückdatierten Verträge mit den Agenten" (Venkoy) geschlossen, "damit es für unsere Geldleistungen eine Rechtsgrundlage gibt". Er habe es „ernsthaft für möglich gehalten, dass in Aserbaidschan und Syrien sehr hohe Entscheidungsträger diese Gelder empfangen".

Was die Vertriebschefin aussagte, könnte einem Spionagefilm entliehen sein. Sie habe Anwalt A. privat kontaktiert, es sei die Rede darauf gekommen, "dass die OeBS vor dem Problem steht, dass wir Kommissionen an hochrangige Personen zahlen müssen, und wir das nicht direkt von der OeBS aus tun können". A. habe Venkoy gebracht.

Der erste Aserbaidschan-Auftrag samt 20 Prozent Kommission sei so entstanden: Schon vor Zuschlag sei klar gewesen, dass die OeBS den in der Branche heiß umkämpften Auftrag „nicht rechtzeitig" erfüllen werden könne. Um ihn trotzdem zu ergattern und eine Pönale auszuschließen, habe sie auf Rat eines Mitarbeiters "in Aserbaidschan die Kommissionshöhe ausgelotet für Münzen wie Banknoten... Mir wurden ca. 20 Prozent des Auftragsvolumens genannt." Wie das Geld dann an den Empfänger kam: Sie habe von Anwalt A. die "Barbeträge übernommen und sie an Diplomaten, die aus Aserbaidschan angereist waren, gleich darauf in der Innnestadt übergeben. Dazu verwendete ich entweder Koffer oder Plastiksackerl". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.11.2011)