Mit einer monatelangen Lichterdemonstration - 8000 Kerzen für 8000 gefährdete Bäume - protestierten Umweltschützer gegen den Bau der Staustufe mitten im Stadtgebiet.

Foto: Elmar Gubisch

Graz - Das geplante Millionenprojekt einer Staustufe in der steirischen Landeshauptstadt Graz beginnt zu wackeln. Ein mit "... für den Landeshauptmann" gezeichnetes, aktuelles Aktenstück der steirischen Landesregierung könnte in letzter Konsequenz sogar das Aus für dieses Kraftwerksvorhaben der Energie Steiermark AG und des Verbundes bedeuten.

In ihrer Stellungnahme - sie liegt dem Standard vor- zum UVP-Genehmigungsverfahren (GZ: FA 19A 72 Au1-2010/4) wird das Projekt "Murkraftwerk Graz" klar abgelehnt und wie es im Schlusssatz heißt "negativ beurteilt" .

Erstellt wurde das Schriftstück von fünf Experten der zuständigen Fachabteilung für Wasserwirtschaft, die im UVP-Verfahren Parteistellung besitzt und somit das 80-Millionen-Euro teure Projekt, das 20.000 Haushalte mit Strom versorgen und neue Wasser-Freizeitmöglichkeiten mitten im urbanen Raum ermöglichen soll, blockieren kann. Das Hauptargument der Wasserwirtschaftsexperten: Das Staukraftwerk, das die Mur bis zur Stadtmitte, bis zur Acconci-Murinsel auf Höhe des Kunsthauses aufstauen soll, könnte das Grundwasser durch die Anhebung des Wasserpegels für die Stadt Graz, für private Brunnenbesitzer und das Umland gefährden und die Wasserqualität verschlechtern.

Die geplante Wasserkraftwerks-Anlage befinde sich auch im Wasserschutzgebiet, das "intensiv für Trink- und Nutzwasserzwecke verwendet wird" , es sei daher "eine besondere Sensibilität hinsichtlich des Schutzgutes Wasser und insbesondere des Grundwassers gegeben" .

"Generelle Gefahr"

Es bestünde die "generelle Gefahr einer erheblichen Auswirkung auf den Grundwasserkörper ..., jedenfalls wird der flächendeckende Grundwasserschutz im gesamten Grundwasserkörper nicht aufrechtzuerhalten sein" , heißt es in der Stellungnahme des Landes.

Durch die Anhebung des Wasserpegels käme der Austausch zwischen Oberflächenwasser und dem Grundwasser durcheinander, zudem sei der Unterboden im Grazer Becken nicht optimal. Gefährlich könnten sich vor allem auch - darauf hatten schon Umweltschützer hingewiesen - die Höhenschwankungen des Grundwassers auswirken. Denn im Grazer Raum schlummern etliche alte Mülldeponien im Erdreich, die durch steigendes Grundwasser ausgewaschen werden könnten, wird befürchtet.

Um die Grundwassergefährdung zu entschärfen, müssten der Landesenergiekonzern und der Verbund das Projekt wahrscheinlich komplett neu dimensionieren und umplanen. Die Landesexperten sprechen unter anderem von Möglichkeiten einer "künstlichen Sauerstoffanreicherung des Grundwassers".

"Keine Stellungnahme"

Direkt zuständig für jene Abteilung, die das vernichtende Urteil über das Prestigeprojekt des Landesenergieunternehmens gefällt hat, ist SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves. Noch im August hatte Energie-Steiermark-AG-Vorstandschef und Voves' Parteifreund Oswin Kois - er wird aus Gesundheitsgründen von der Konzernspitze zurücktreten - darauf hingewiesen, dass ihm Voves "erneut volle Unterstützung für den Bau des Wasserkraftwerkes zugesichert hat".

Vonseiten der Energie Steiermark zeigt man sich - konfrontiert mit dem Negativ-Befund des Landes - zugeknöpft. Konzern-Sprecher Urs Harnik sagte am Montag zum Standard lediglich: "Wir geben während des UVP-Verfahrens keine Stellungnahme ab. Einzelne Puzzlestücke von relativer Bedeutung werden nicht kommentiert. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2011)