Nach mehr als fünf Tagen hat der längste Castor-Transport aller Zeiten am späten Montagabend das Zwischenlager Gorleben erreicht. Der heftige Protest und die Antwort der Staatsgewalt darauf hat allerdings neue Gräben zwischen den Streitparteien aufgerissen: Während die Polizei in ihrer Bilanz "Hass und die Gewalt" aufseiten der Atomkraftgegner beklagt, meinen diese, die Exekutive sei völlig überzogen gegen die Blockierer vorgegangen.

Die elf Castoren hatten am Montagabend das Zwischenlager Gorleben erreicht - rund 125 Stunden nach dem Start im französischen La Hague. Damit steht fest: Der 13. Transport nach Gorleben dauerte nicht nur am längsten, er war vermutlich auch der bisher teuerste.

"Es war nicht nur ein fordernder Einsatz, er war auch härter als im vergangenen Jahr", sagte der Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Dienstag in Lüchow. Er kritisierte die Gewaltbereitschaft einzelner Demonstranten. Nach Angaben beider Seiten wurden bei den Auseinandersetzungen 133 Polizisten und 355 Demonstranten verletzt.

Die Entwicklung der Gewalt sei besorgniserregend, betonte Schünemann. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, sagte: "Der Hass und die Gewalt, die meinen Kolleginnen und Kollegen von einzelnen autonomen Gruppen entgegenschlug, waren ohne Beispiel."

Polizei ging hart vor

Die Atomkraftgegner wiederum beklagten, dass die Polizei in diesem Jahr härter vorgegangen sei als bei früheren Transporten. Bis zuletzt hatten die Einsatzkräfte Wasserwerfer gegen einzelne Demonstranten eingesetzt. Diese hatten Beamte laut einem Polizeisprecher mit Feuerwerkskörpern beworfen und Strohballen angezündet. "Die Polizei hat versucht, mit Gewalt unseren Willen zu brechen, sich dem Castor gewaltfrei in den Weg zu setzen", sagte Luise Neumann-Cosel von der Anti-Atom-Organisation X-tausendmal quer.

"Der Vorwurf, dass Gewalt von der Polizei ausgegangen ist, ist sehr einseitig", konterte der Polizeigewerkschaftschef. Die gegen Polizisten eingesetzten Waffen würden immer brutaler. Beim Castor seien etwa nagelgespickte Golfbälle geworfen worden, sagte Witthaut.

Greenpeace und andere Gruppierungen werteten die massiven Proteste jedenfalls als Erfolg. "Dieser Rekord-Castorprotest ist (CDU-Umweltminister) Norbert Röttgens schwerste Niederlage", sagte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl.

Auch die letzten 20 Kilometer von Dannenberg ins Zwischenlager liefen am Montagabend nicht reibungslos. Zwei Atomkraftgegnern gelang es, auf einen der Tieflader zu klettern und den Tross noch einmal eine Stunde aufzuhalten. In Gorleben stehen nun insgesamt 113 Behälter mit hoch radioaktivem Müll. Deutschland ist vertraglich verpflichtet, den Müll der deutschen Atomkraftwerke aus der Wiederaufarbeitung wieder zurückzunehmen. (APA)

StepMap Castor erreicht Gorleben - die Bilanz

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