Am eitelsten sind Frankfurter. Männer, wohlgemerkt. Weil das Jonglieren mit viel Geld offenbar leichter geht, wenn man jung und makellos schön aussieht, legen sich die gut verdienenden Yuppies des ersten europäischen Finanzplatzes dreimal so häufig unter das Messer der Schönheitsdoktoren wie anderswo in Europa.

Da werden Tränensäcke entfernt, Nasen begradigt, Falten unterspritzt, Waschbrettbäuche gesaugt und unterlegt, dass es eine Freude ist. Die Freude ist freilich zunehmend aufseiten ungarischer oder tschechischer Chirurgen, weil auch die Gutbetuchten lieber die Reise nach Budapest, Praha oder Brno unternehmen, als in westlichen Beauty-Kliniken das Doppelte bis Dreifache hinzublättern.

Auch österreichische Verschönerungswillige (und davon gibt es pro Jahr immerhin 15.000) fahren gerne in die östlichen Nachbarländer - hauptsächlich der Preise wegen. So kostet ein S-Lifting (für Wangen und Kinn) in Österreich knapp 4400 Euro, in Brno nur knapp 1500. Ähnlich große Unterschiede gibt es bei Brustvergrößerungen und Fettabsaugung: In Österreich kostet die allerbilligste Methode knapp 6000 Euro - dabei wird die Patientin am Tag nach dem Eingriff nach Hause geschickt.

In Brno dagegen bleibt sie für 5000 Euro ganze fünf Tage zur Beobachtung und Nachbehandlung in der Privatklinik. Die Gründe dafür sind - wieder einmal - im Lohn - und Preisgefälle zu suchen: Eine Krankenschwester verdient in Österreich knapp 2200 Euro pro Monat - in Tschechien nicht einmal 1000. Und auch die Materialkosten sind oft geringer.

Universitätsdozent Herbert Mandl, Fachgruppenobmann für plastische Chirurgie in der Ärztekammer, kennt das Problem: "Einem tschechischen oder ungarischen Arzt wird ein Silikonimplantat oft um die Hälfte billiger angeboten als einem österreichischen oder deutschen Kollegen." Dabei stimmt auch die Qualität der Ost-Chirurgie in den meisten Fällen: Das Vorurteil, die Patienten gerieten zu Billigsttarifen einem rückständigen Ost-Metzger unter das rostige Skalpell, ist nicht einmal mehr von vorgestern.

Die "Fünf-Sterne-Luxus-Schönheitsklinik Laurea" in Brno beispielsweise verbreitet den Charme eines Jahrhundertwende-Palais, kombiniert mit modernstem Klinikkomfort. Rund 3000 Patienten werden pro Jahr behandelt, die meisten kommen über die 22 Vertragspartner, das sind renommierte Fachärzte in Deutschland und Österreich.

Kein Qualitätsgefälle

Auch Ärztekammer-Mann Mandl möchte den Kollegen im Osten nicht die Qualifikation absprechen: "Dort wird in der Regel genauso gut gearbeitet wie bei uns." Ausnahmen bestätigten diese Regel, so Mandl. "Manche Ärzte arbeiten einfach schlampig." "Unfälle" passieren aber "West"-wie "Ost"-Ärzten. Das Problem sei nur, dass Patientinnen, die sich von einem Arzt in Brno, Praha oder Budapest operieren lassen, in Österreich eventuell noch einmal unter das Messer müssen - dann nämlich, wenn Komplikationen auftreten. Mandl: "Wer Schmerzen hat, fährt nicht erst nach Brno." Solche Fälle landen dann bei heimischen plastischen Chirurgen - und damit wird die Sache dann plötzlich viel teurer.

Mandl sieht auch Probleme mit etwaigen Schadenersatzansprüchen: "Die sind in Österreich natürlich leichter durchzusetzen als im Ausland." Das Geschäft mit der Schönheit sei aber auch in Tschechien und Ungarn weitgehend "gesättigt": "Die Goldgräber der ersten Stunde sind allesamt verschwunden. Nur die seriösen Kliniken haben wirtschaftlich überlebt." Am Schönheits- und Jugendwahn kann freilich in Europa mittlerweile (fast) jeder Arzt bestens verdienen: Auch Allgemeinmediziner können Fett absaugen, Lider mit Laser behandeln oder Falten glätten - nur rein plastische Eingriffe dürfen nur von Spezialisten gemacht werden.

EU-Zertifizierung

Zwar gibt es in Deutschland eine Plattform, die sich für strenge Qualitätsrichtlinien bei medizinischen Behandlungen (nicht nur im Verschönerungsbereich) einsetzt, allgemein verbindliche EU-Normen gibt es aber nicht. Jeder Arzt kann sich um teures Geld einer freiwilligen EU-"Zertifizierung" unterziehen - was tschechische und ungarische Ärzte mittlerweile aus Imagegründen häufiger tun als Mediziner in den EU-Ländern.

So ist die "Laurea"-Klinik nach der ISO-Norm 9001:2000 zertifiziert. Fachgruppenobmann Mandl trifft Ost-Kollegen häufig auf internationalen Kongressen: "Sie bilden sich sehr eifrig weiter." Während "richtige" Operationen (wie Brustvergrößerung oder Fettabsaugen) in Privatkliniken in den größeren Städten durchgeführt werden, ist die 15-Minuten-Generalüberholung eher eine Domäne der ehemaligen k. u. k. Kurbäder.

In Karlovy Vary und in Mariánské Lázne schossen die Schönheitsinstitute für den kleinen Eingriff in den vergangenen Jahren nur so aus dem Boden. Im romantischen Ambiente aus k. u. k. Tagen kann man neben der Wohlfühlmassage und dem Wellnessbad für knapp 1000 Euro mittels Lasers das Gesicht verjüngen lassen (skin-resurfacing).

Die größten Institute, "Asklepion" oder "LaserClinic" verzeichnen rund 20.000 Kunden pro Jahr - die meisten kommen sogar aus dem anglo-amerikanischen Raum.

Gesättigter Markt

Obwohl immer mehr Kunden nach der schnellen Verschönerung verlangen, will man in Karlovy Vary und Mariánské Lázne nicht mehr vergrößern. Der Grund, so Kudrnová: "Junge Ärzte bekommen bei uns eine Spezialausbildung, um den Wünschen unserer anspruchsvollen Kunden gerecht zu werden. Die machen sich nach einiger Zeit selbständig, siedeln weiter in den Osten und nehmen uns durch billige Angebote Klienten weg." So lange, bis auch dort der Markt die Spreu vom Weizen trennt. (DER STANDARD, Printausgabe 02/2003)