Das Land ist zwar nicht stillgestanden - aber eindrucksvoll waren die vom ÖGB angezettelten Proteste doch. Wobei der stärkste Eindruck wohl bei der in allen Umfragen kleinsten Parlamentspartei entstanden ist. Selbst der von den Freiheitlichen so lange als blasser Bonze verunglimpfte Fritz Verzetnitsch macht als Arbeiterführer eine passable Figur.

Der ÖGB-Präsident hat endlich seine Rolle gefunden: Inhaltlich polarisiert er, indem er ohne viel rhetorisches Beiwerk (das die Zuhörer ohnehin nur verwirren würde) Nein sagt - und dann setzt sich der Mann auch noch auf ein teures Motorrad.

Es kann nicht lustig sein, bei einer solchen Stimmungslage Freiheitlicher zu sein. Man war doch gewohnt, dass die eigene Partei polarisiert, dass der eigene Chef im offenen Porsche auf die Titelseiten kam. Funktioniert eben momentan nicht. Und der mit halb verdauten Zahlen durchsetzte Wortschwall des Herbert Haupt kann auch nicht wirklich motivieren.

Aber Herbert Haupt stünde zumindest auf der richtigen, auf der rechten Seite. Falls das für einen Freiheitlichen überhaupt noch etwas zählt. Haupt ist einer der Hauptverantwortlichen für die Pensionsreform, aber seinem Gefolge fehlt der Mut.

Den Mut, unpopulär zu sein und das Notwendige gegen Proteste durchzusetzen, den hat offenbar nur die schweigsame, aber immerhin noch entschlossen wirkende ÖVP-Führung. Dagegen setzen sich in der FPÖ die Ängstlichen immer mehr durch: Dem "kleinen Mann" solle nur ja nichts weggenommen werden - auch um den Preis, dass die Reform zum Schluss gar nicht greift. Dann darf man immerhin auf die nächste hoffen. Und auf den damit verbundenen Wirbel. Vielleicht gibt es ja dann wieder einen Frontmann, der Fritz Verzetnitsch überstrahlt. Was immer dieser Frontmann auch sagen mag. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.6.2003)