Bonn - Bonner Psychologen sind der Frage nachgegangen, ob sich Menschen "husch-husch" entscheiden oder immer alle Informationen, die zur Verfügung stehen, sorgfältig abwägen. Das Ergebnis: In den meisten Fälle wird versucht, mit einfachen Daumenregeln ans Ziel zu kommen.

"Es scheint mühsam zu sein, verschiedene Daten im Kopf miteinander zu verknüpfen. Deshalb orientieren wir uns an der Information, die uns am aussagekräftigsten erscheint, und fahren mit diesen Daumenregeln meist auch ganz gut", interpretiert Arndt Bröder vom Psychologischen Institut in Bonn die Ergebnisse. Auf des Rätsels Lösung kamen die Forscher mit Hilfe einer Kriminalgeschichte und einer virtuellen Umkleidekabine im Internet. Die Ergebnisse wurden im "Journal of Experimental Psychology" publiziert.

Ein Kriminalfall ...

Die Zutaten des Krimis waren ein Toter im Swimmingpool und zehn eifersüchtige Ex-Freundinnen - alle unterschiedlich gekleidet - und dazu verschiedene Zeugenaussagen. Die Probanden mussten sich für die ihrer Meinung nach wahrscheinlichste Täterin entscheiden. Dabei halfen ihnen Beobachtungen von Anwohnern: Insgesamt hatten z.B. fünf Zeugen registriert, dass zum Zeitpunkt des Mordes eine Frau mit Hund die Villa verlassen hatte. Vier von ihnen gaben an, die Frau habe eine Jeansjacke getragen. Drei Anwohner meinten, deutlich ein gelbes Shirt erkannt zu haben. Drei Augenzeugen gaben zu Protokoll, die mutmaßliche Täterin war mit einer schwarzen Lederhose bekleidet. Zwei waren sich sicher, beim Hund handelte es sich um einen Dalmatiner.

Umso mehr die Zeugenaussagen übereinstimmen, desto vertrauenswürdiger wirkt offenabr die entsprechende Beobachtung, so die Psychologen. Demnach ist es sicherer, dass die mutmaßliche Täterin eine Jeansjacke trug, als dass ihr Hund ein Dalmatiner war.

... und seine Lösung(en)

Fast ausschließlich entschieden sich die Probanden somit auch für die Jeansjacken-Trägerin. Bröder nennt das die "take the best"-Strategie: Das heißt, die Probanden entschieden sich nur anhand derjenigen Information, die sie für die sicherste hielten, die anderen Fakten ließen sie dagegen unberücksichtigt.

Insgesamt präsentierten die Psychologen den Teilnehmern so in 52 Durchgängen jeweils zwei Verdächtige. Die Probanden sollten jeweils beurteilen, welche von den beiden mit größerer Wahrscheinlichkeit die Mörderin war. Damit sich die Mitspieler die modischen Vorlieben der zehn Verdächtigen gut einprägen konnten, wurde ein virtueller "Umkleideraum" entwickelt. In dieser Internet-Umkleidkabine staffierten sie verschiedene Mannequins mit den entsprechenden Kleidungsstücken aus und fügten danach noch am Computer den passenden Hund hinzu. In einer Trainingsphase mussten die Probanden dann anhand dieser Bilder die modischen Vorlieben der Ex-Gespielinnen büffeln, bevor sie mit den Zeugenaussagen konfrontiert wurden.

Ausnahmen von der Regel

Dass sich die Versuchsteilnehmer nicht immer nach der "take the best"-Strategie entscheiden, zeigte jener Fall: Konnten sich die Probanden nämlich in der Entscheidungsphase auf Knopfdruck alle Fakten auf den Schirm holen, bezogen sie wesentlich häufiger noch weitere Informationen in ihre Entscheidung mit ein, obwohl sie eigentlich auch ohne diese Hilfe alle Infos im Gedächtnis hatten.

Bröders empirischen Daten stützen damit eine Theorie, die unter Psychologen bisher umstritten war: Entscheidungen erfolgen meist nicht streng rational nach komplexen Regeln, wie dies etwa die Wirtschaftsforschung behauptet. Häufig scheint der Mensch dafür einfach zu faul zu sein. (pte)