Belgrad/Podgorica - Die seit Monaten andauernde Menschenhandelsaffäre in Montenegro, die letzte Woche per Beschluss des zuständigen Staatsanwaltes, keine Anklagen zu erheben, unter den Teppich gekehrt wurde, erschüttert nun die Beziehungen unter den Partnern in der Regierungskoalition. Der Führer der kleinen Sozialdemokratischen Partei (SDP), Ranko Krivokapic, beschloss laut Tageszeitung "Vjesti" (Mittwoch-Ausgabe), das vakant gewordene Amt des montenegrinischen Parlamentspräsidenten nicht zu übernehmen. Laut Blatt macht Krivokapic seine Amtsübernahme vom Rücktritt des Republikstaatsanwaltes abhängig.

Verdächtigten freigelassen

Die Menschenhandelsaffäre war im letzten November aufgeflogen, nachdem einer 24-jährigen moldawischen Bürgerin nach dreijähriger Sklaverei in einem Privatrestaurant in Podgorica die Flucht in ein "Sicheres Frauenhaus" gelungen war. Auf Grund der Aussage der schwer misshandelten jungen Frau waren anschließend vier Personen, darunter auch der stellvertretende Republikstaatsanwalt Zoran Piperovic, festgenommen worden. Das Opfer reiste nach Abschluss der Ermittlungen mit Hilfe internationaler Hilfsorganisationen Ende Jänner in die USA, die Verdächtigten wurden allerdings freigelassen.

Protest gegen Freilassungen

Die Ermittlungsrichterin Ana Vuckovic bekundete letzte Woche öffentlich ihren Protest, nachdem die Staatsanwaltschaft auf eine Anklage gegen die Verdächtigen verzichtet hatte. Die Leiterin des Frauenhauses, Ljiljana Raicevic, kündigte gegenüber den Medien unterdessen ihre Absicht an, die Aussage der Moldawierin in Buchform herauszugeben und gleichzeitig das Verzeichnis aller in den Menschenhandel verwickelten Personen zu publizieren.

Menschenhandelsaffäre durch Jovicevic aufgeflogen

Laut Medienberichten dürften in den Frauenhandel in Montenegro auch Funktionäre der Demokratischen Partei der Sozialisten von Regierungschef Milo Djukanovic verwickelt gewesen sein. Die Menschenhandelsaffäre war dank des Einsatzes des ehemaligen Innenministers Aleksander Jovicevic aufgeflogen. Er selbst soll dadurch allerdings bei Djukanovic in die Ungnade gefallen sein. Der Posten des Parlamentspräsidenten wurde nach der wiederholten Präsidentenwahl Anfang Mai frei, als der bisherige Amtsträger Filip Vujanovic zum Republikpräsidenten gewählt worden war.(APA)