Das Wirtschafts- ministerium will die Steirer im Strompoker zum Offenbarungseid zwingen. Dazu wird fieberhaft nach einem ausländischen Partner für den Stromgroß- händler APC gesucht.

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Wien - Der Verbund und das Wirtschaftsministerium erhöhen den Einsatz im Strompoker mit den Steirern und wollen die Karten der steirischen Energieholding Estag so rasch als möglich sehen. Wie berichtet, will sich Estag-Vorstand Gerhard Hirschmann die Zustimmung zur österreichischen Stromlösung so teuer wie möglich abkaufen lassen.

Dieser Schuss droht laut Insidern aber nach hinten loszugehen, spätestens dann, wenn der Verbund einen potenten Käufer für seinen Anteil (55 Prozent) an dem gemeinsam mit dem steirischen Landesversorger Steg/Steweag gehaltenen Stromgroßhändler APC gefunden hat.

Estag will kräftige Ablöse

Die Estag darf ihr Vorkaufsrecht laut EU-Auflagen für die Ösl (österreichische Stromlösung) nämlich nicht ausüben, daher will sie eine kräftige Ablöse. Den Wert des Pakets schätzen Insider inklusive eines strategischen Aufschlags auf 30 bis 40 Mio. Euro. Charme des Pakets: Ein Käufer würde mit einem Schlag einen Marktanteil von 20 Prozent am umkämpften Großkundenmarkt erhalten und sich den teuren Aufbau eigener Vertriebsstrukturen ersparen.

Mit einem solchen Offert, das bis zum Herbst vorliegen soll, müssten die Steirer den Offenbarungseid leisten. Entweder ziehen sie mit, oder sie bieten auch ihre Anteile dem Kaufinteressenten an. Allerdings weisen Branchenkenner darauf hin, dass die finanzielle Luft bei der Steg/Steweag sehr dünn ist.

Dies lässt sich zumindest an den nackten Bilanzzahlen ablesen. 2002 wies die Steg/Steweag einen Jahresfehlbetrag von gut 20 Mio. Euro aus, ein Bilanzgewinn konnte nur dank der Auflösung von Rücklagen und den Verlustvorträgen erzielt werden. Was dazu- komme: Ein Teil der Verträge mit den Industriekunden sei noch vor dem jüngsten Anziehen der Großhandelspreise vereinbart worden,

Schleppender Umbau

Außerdem hätten die Steirer noch einen ordentlichen Teil ihrer Restrukturierungsaufgaben vor sich. Weil der Landesversorger drei Eigentümer habe, die nicht in die selbe Richtung ziehen, laufe der Umbau sehr schleppend. Das sei noch eine höfliche Umschreibung, dass die Restrukturierung auf der Stelle trete, sagen Kenner der Verhältnisse in der Grünen Mark.

Eine Hintertür in den EU- Auflagen für die Fusionsgenehmigung könnte die Verhandlungsposition der Estag ohnedies in sich zusammenfallen lassen: Sollte sie den Verkauf an einen unabhängigen Dritten blockieren, könnten die Ösl-Partner eine wirtschaftlich gleichwertige Lösung umsetzen. Dafür hätten sie dann fünf Monate Zeit. (Clemens Rosenkranz, Der Standard, Printausgabe, 06.06.2003)