Zum ersten Mal haben Mediziner in Deutschland eine künstliche Herzklappe direkt durch die Hauptschlagader ins Herz eingesetzt. Die Herzspezialisten des Westdeutschen Herzzentrums Essen haben die neue und revolutionäre Technik erfolgreich bei Hochrisiko-Patienten angewandt.

Patienten mit einer Erkrankung an einer Herzklappe benötigen oft einen Klappenersatz. Ein offener, chirurgischer Eingriff birgt insbesondere für ältere Menschen viele Risiken. Diesen Patienten konnte bislang nur mit einer Klappe über die Beinarterie oder über die Herzspitze geholfen werden. Nun steht den Ärzten am Herzzentrum ein völlig neuer schonender Zugangsweg zur Verfügung.

Direkter und sehr kurzer Zugang

Das neue Verfahren wurde in Essen gemeinsam von Herzchirurgen und Kardiologen durchgeführt und wählt als Weg zum Herzen einen direkten und sehr kurzen Zugang über die große Hauptschlagader, die Aorta. Der minimal-invasive Eingriff hinterlässt bei den Patienten nur eine kleine Narbe von zwei bis drei Zentimetern.

Für die Herzchirurgen gehört der Zugangsweg über die Hauptschlagader zum Standardrepertoire, was die Sicherheit für die Patienten deutlich erhöht. "Die Aorta benutzen wir bei konventionellen Eingriffen täglich zum Anschluss der Herz-Lungen-Maschine", so Matthias Thielmann, leitender Oberarzt am Westdeutschen Herzzentrum in Essen. Gemeinsam mit Philipp Kahlert, Oberarzt der Klinik für Kardiologie, hat er die Operationen vorgenommen. "Je älter die Patienten sind, desto häufiger verhindern Kalkablagerungen in den Beingefäßen den Zugang über die Leiste", erläutert Kahlert. Oft bleibt daher nur noch der chirurgische Zugang über die Herzspitze.

Nach wenigen Tagen wieder zuhause

Die neue Alternative betrachten die Herzexperten zunächst einmal als Chance: "Jetzt gilt es zu untersuchen, ob das neue Verfahren über die Aorta für diese Patienten vorteilhafter ist", betont Thielmann. Zur Unterstützung der Essener Herzchirurgen ist extra ein Spezialist aus London eingeflogen worden.

Vinayak Bapat vom Londoner King's College hat diesen Zugangsweg entwickelt und schon dutzende Male erfolgreich bei seinen Patienten angewandt. Auch die Patienten am Essener Herzzentrum haben von dieser Expertise profitiert und konnten die Klinik bereits nach wenigen Tagen mit ihrer neuen Herzklappe wieder verlassen. (red, derStandard.at)