Magnetismus im Großen und im Kleinen: Die Darstellung zeigt unterschiedliche Computermodelle der Nanokristalle.

Foto: TU Wien

Wien - Ein kleines Stück Eisendraht ist magnetisch - genau wie eine große Eisenstange. Auf die Größe kommt es bei Materialeigenschaften normalerweise nicht an. Überraschenderweise entdeckte man nun aber in einem österreichisch-indischen Forschungsprojekt, dass bestimmte Materialien plötzlich ganz ungewohnte Eigenschaften zeigen, wenn man sie in Form winziger Kristalle untersucht. Das soll in Zukunft zu Werkstoffen mit maßgeschneiderten elektrischen und magnetischen Eigenschaften führen.

Die Wissenschafter konnte zeigen, wie sich das Verhalten bestimmter Manganoxid-Kristalle - sogenannter Manganate - in Abhängigkeit von der Anzahl der Atome verändert. Mit Hilfe aufwendiger Computersimulationen an der Technischen Universität (TU) Wien gingen die Forscher den überraschenden Eigenschaften der Kleinstteilchen auf den Grund.

Die erstaunlichen Eigenschaften wurden an der Universität Kolkata von Tanusri Saha-Dasgupta entdeckt. Um zu verstehen, worauf diese Effekte beruhen, arbeiteten die indischen Wissenschafter mit Karsten Held vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien und seinem Team zusammen. Die Kooperation fand im Rahmen des europäisch-indischen Forschungsnetzwerks Monami statt, das Forschungsgruppen im Bereich der computergestützten Materialwissenschaft fördert.

Simuliertes Phänomen

"Wir wollten diese Vorgänge verstehen", so Held. "Wir haben dieses Phänomen dann mit theoretischen quantenphysikalischen Berechnungen simuliert und auch erklären können." In diese Modellrechnungen flossen die Eigenschaften der Atome und ihrer Elektronen ein. Die Forscher berechnen dann am neuen Wiener Hochleistungsrechner Vienna Scientific Cluster (VSC) alle Kräfte, die in dem System aufeinander einwirken. In solchen Rechnungen "können wir die Struktur der Kristallabstände, der Bindungslängen, sowie auch die Struktur der Elektronen und ihren Wechselwirkungen berechnen", so der Forscher. Die große Schwierigkeit bestehe darin, dass das Verhalten der Elektronen nur in Wechselwirkung miteinander beschrieben werden könne.

Die Berechnung für die nur Nanometer - also millionstel Millimeter - großen Manganate ergaben, dass sich ihre magnetischen Eigenschaften und ihre Leitfähigkeit stark ändern, wenn man ihre Größe variiert. Größere Kristalle können dagegen keinen Strom leiten und sind auch nicht magnetisch. Durch Änderung der Größe können nun also die Eigenschaften von Manganat-Kristallen ganz gezielt angepasst werden.

Die Entdeckungen würden ein ganz neues Forschungsgebiet eröffnen, denn bisher habe man versucht, mit Druck oder chemischen Methoden die Eigenschaften von Materialien zu verändern. "Dass man jetzt diese Eigenschaften durch Variation ihrer Größe gezielt verändern kann, ist ein neuer Aspekt", so Held.

Mögliche Anwendungen in der Computertechnik

Sogenannte Phasenübergänge, also die Veränderung von wichtigen Materialeigenschaften, würden in der Technik eine wichtige Rolle spielen. Für den Wissenschafter wäre es nun beispielsweise denkbar, einen solchen Kristall in einen Lesekopf einzubauen, der Daten von einer Computerfestplatte ausliest. Dabei wechselt der Kopf zwischen stromleitendem- und nicht stromleitendem Zustand, wozu diese Bauteile magnetische Widerstände nutzen. "Durch die neue Dimension der Größenkontrolle des magnetischen Verhaltens können wir jetzt ein derartiges Bauelement ganz genau einstellen, sodass wir mit kleinen Magnetfeldern die Informationen besser auslesen können", so der Materialwissenschafter. (APA, red)