Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, und hier sind in erster Linie die Nachkommen jener MigrantInnen aus nicht EU-Ländern gemeint, sind momentan ein großes Thema in der öffentlichen Bildungsdebatte. Das gängige Klischee sieht folgendermaßen aus: Sie kommen ohne Sprachkenntnisse (gemeint sind jene in Deutsch, natürlich) in die Kindergärten. In der Volksschule hindern sie ihre MitschülerInnen am Vorankommen, landen dann in der Hauptschule, wo sie in der Mehrheit sind. Wenn sie den Hauptschulabschluss schaffen, dann mit so schlechten Noten, dass sie kaum einen Lehrplatz finde. Das ist ein typische Szenario, dass auch fleißig medial verbreitet wird und leider, wie fast alle Klischees, teilweise auch auf der Realität beruht.

Natürlich gibt es auch andere, erfolgreiche Bildungsgeschichten in der ersten und zweiten Migrantengeneration. Immerhin sind die Kinder mit Migrationshintergrund mittlerweile auch an Gymnasien und anderen Mittelschulen mit Maturabschluss vertreten. Unterrepräsentiert zwar, aber vorhanden. Sie sind also bestenfalls die berühmten Ausnahmen.

In Österreich entscheidet die soziale Lage darüber, ob Kinder nach der Volksschule ins Gymnasium kommen oder nicht. Das hat eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Bildungsforschung bestätigt. Bereits im Alter von zehn Jahren also sind In Österreich Kinder nicht nur der Prognose der Volksschullehrer über ihren zukünftigen Bildungsweg ausgeliefert (Gymnasium-Empfehlung!), sondern tragen auch die Bürde ihrer sozialen Herkunft. Wie diese zwei Faktoren zusammenhängen, ist noch nicht untersucht worden. In einem stark selektierenden Bildungssystem, wie dem österreichischen, tragen die Lehrer eine noch größere Verantwortung, als sie in ihrem Beruf ohnehin immanent ist.

Dass Lehrerpersönlichkeiten Bildungswege prägen ist eine Binsenweisheit. Jeder von uns hat eine Geschichte zu erzählen, die von einem Lehrer oder einer Lehrerin handelt, die einem besonderes viel Selbstbewusstsein eingeflößt hat, oder eben auch mit der Killerphrase "Aus dir wird nie was" das Selbstbild zum Wackeln gebracht hat. Doch so offensichtlich und zielgerichtet muss der Einfluss gar nicht sein. Überfordertes Lehrpersonal, das dem modernen Schulalltag ohne Unterstützung ausgeliefert ist, kann keine gezielte Förderung anbieten, wenn sie nicht strukturell vorgesehen ist. Dabei ist aber keineswegs ausschließlich sogenannte „kulturelle Sensibilisierung" gemeint, die vielerorts vor allem aus der linken politischen Ecke als unumgänglich für ein friedvolles multikulturelles Miteinander propagiert wird.

Angebliche Sprach- und Bildungsprobleme, die Kinder im Vorschul- und Volksschulalter haben, sind mitnichten "kulturelle" Probleme. Es sind typische Probleme bildungsferner Unterschichten. Wenn wir ein (sozial)gerechteres Bildungswesen wollen, dann ist gezielte Förderung für diese Kinder, unabhängig von Herkunft, von Nöten. Mehr und besser ausgebildetes Lehrpersonal nach Vorbildern der vielzitierten nordeuropäischen Staaten, wäre ein erster richtiger Schritt. Eine Ganztagsschule, die versucht über die Reflexion sozialer Unterschiede eine Chancengleichheit herzustellen, wäre der nächste Schritt, um den auch das konservative Österreich über kurz oder lang nicht herumkommt.