Mit jedem weiteren verletzten Soldaten der internationalen Schutztruppe Kfor im Nordkosovo schwinden die Aussichten, dass Serbien kommende Woche beim EU-Rat den Kandidatenstatus zugesprochen bekommt. Denn wenngleich Serbien nicht die Kontrolle über die Serben im Nordkosovo hat, so hält Belgrad doch Werkzeuge in der Hand, um zur Deeskalation oder eben zur Eskalation beizutragen.

Zurzeit sieht es nach Eskalation aus, hört man etwa dem serbischen Innenminister Ivica Dačić zu. Der langjährige Gefolgsmann von Slobodan Milošević sagte vergangene Woche, niemand in Serbien solle behaupten, dass man für den Kosovo keinen Krieg führen wolle. Auch Generalstabschef Miloje Miletić sprach vom möglichen Eingreifen.

Das zeigt nicht nur, dass der Wahlkampf - die Wahlen finden im Frühjahr statt - bereits begonnen hat, sondern auch, dass Präsident Boris Tadić nicht mehr in der Lage ist, seine Linie oder irgendeine Linie durchzusetzen. Noch weitreichender ist: Offenbar ist der EU-Kandidatenstatus für Tadić nicht mehr prioritär, denn Ergebnisse des Dialogs mit Prishtina werden leider nicht umgesetzt.

Auf dem Spiel steht damit nicht nur die bisher gute Partnerschaft mit den EU-Staaten, sondern auch eine klarere Zukunftsperspektive für Serbien und die Serben im Nordkosovo. Letztere sind die größten Opfer dieser Politik, weil sie in Angst und Orientierungslosigkeit gehalten werden. (DER STANDARD-Printausgabe, 30.11.2011)