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Der designierte Premier Elio Di Rupo.

Foto: REUTERS/Thierry Roge

Elio Di Rupo ist ein politischer Marathonmann. Er gibt einfach nie auf. Das hat ihn das Leben - und vor allem seine Mutter - gelehrt. An Rückschlägen hatte es in der Familie nicht gefehlt - und an Korruptionsaffären von Parteifreunden in seinem Parti Socialiste, den er seit 1999 anführt.

Aber so wie seine "Maman" rappelte sich der Sohn italienischer Einwanderer immer wieder auf. So auch Mitte der 1990er-Jahre, als ein junger Mann Di Rupo zu Unrecht beschuldigte, ihn missbraucht zu haben. Damals war er immerhin Vizepremier. Aber er stand den "Skandal" durch, bekannte sich offen zu seiner Homosexualität. Heute wird Di Rupo für seine Offenheit und Toleranz gelobt.

Sein Vater, der einst in die Wallonie im Süden Belgiens gekommen war, um als Arbeiter in der Schwerindustrie sein Geld zu verdienen, starb, als Elio ein Jahr alt war. Die Mutter musste drei ihrer sechs Kinder in ein Waisenhaus geben. Sehr arme Verhältnisse. Aber der feinsinnige begabte Elio bekam eine Chance, als ein Lehrer sein Talent in Naturwissenschaften erkannte. Mit Stipendien gefördert schaffte er es schließlich an die Universität und bis zur Promotion in Chemie. Gleichzeitig startete er die politische Karriere als Funktionär der sozialistischen Studenten in Mons. Politisch ist Di Rupo ein traditioneller Linker, der auf Staatsprogramme und Steuereinnahmen setzt. Und ein eher stiller und zäher Kämpfer. Dieser Stil und die Eigenschaft, größte Widersprüche zu Kompromissen zu führen, werden ihn knapp nach seinem 60. Geburtstag im vergangenen Juli jetzt zum größten Erfolg seiner Laufbahn führen: Er wird - wenn nicht noch in letzter Minute etwas schiefgeht, was man in der zersplitterten Parteienlandschaft des Landes nie ausschließen kann - neuer Premierminister in Belgien werden.

König Albert II. möchte ihn unbedingt so rasch wie möglich angeloben, nicht zuletzt, um ein Signal der Stabilität des höchst verschuldeten Landes an die Märkte abzugeben, die den belgischen Staatsanleihen hart zusetzen. Es wurde auch Zeit. Die Regierungsverhandlungen dauerten bisher 532 Tage, Di Rupo, der mit mehr als 33 Prozent Wähleranteil im Süden großer Gewinner war, hatte des Königs Auftrag zwischenzeitig zweimal und vorläufig zurückgelegt. Nun brachte er Christdemokraten, Liberale und Sozialisten auf einen Nenner. Sein derzeitiges Amt - Bürgermeister von Mons - wird er wohl angeben müssen. Die Sanierung von Belgien ist eine Herkulesaufgabe. (DER STANDARD-Printausgabe, 30.11.2011)