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Weinkenner wissen: Ein Glas muss die richtige Form haben und auch noch in der richtigen Weise geschwenkt werden.

Foto: APA/EPA/Caroline Blumberg

Lausanne/Wien - Jeder Weinkenner weiß: Erst wenn das richtige Glas mit dem edlen Tropfen langsam geschwenkt wird, kommt dessen Aroma erst richtig zur Geltung. Schweizer Forscher haben das Phänomen im Detail untersucht, es als höchst komplex beschrieben und wollen es dafür nützen, Zellen und Mikroorganismen im Labor effizienter zu züchten.

Die Forscher der ETH Lausanne um Mohamed Farhat, Florian Wurm und Martino Reclari nützten für ihre erstaunlichen Beobachtungen eine Hightech-Kamera, die anschaulich machte, wie sich die Flüssigkeitswellen bewegen. "Die Form der freien Oberfläche, die mit der Luft in Kontakt kommt, ist viel komplexer, als wir erwartet hatten", sagte Martino Reclari, der die Studie vergangene Woche auf einem Physikerkongress in Baltimore präsentiert hat. Es gebe eine "unendliche Anzahl" unterschiedlicher Wellenformen. Den Forschern gelang es trotzdem, diese in Abhängigkeit von Variablen zu beschreiben.

Wichtig für die Berechnung sind demnach die Geschwindigkeit der Rotationsbewegung, die Amplitude der Bewegung, also die vertikale Auslenkung, sowie die Größe des Glases und die Einfüllhöhe der Flüssigkeit. Reclari habe zudem bereits Modelle entwickelt, die zeigten, welche Schwingungsbewegungen die geeignetsten seien für einen bestimmten Glastyp und einen bestimmten Wein. Es bestünden bereits Kontakte zu Önologen.

Die Forscher verfolgen mit ihrer Studie aber noch ein anderes Ziel: Die sanften Schwingbewegungen lassen sich nämlich auch im Forschungslabor gewinnbringend nutzen - etwa in Bioreaktoren. Das sind Behälter, in denen Wissenschafter zum Beispiel Mikroorganismen oder Zellen kultivieren. Traditionelle Reaktoren stehen auf einer rotierenden Oberfläche. Florian Wurm stellte aber fest, dass sich die Kulturen besser entwickeln, wenn das ganze Gefäß geschwenkt wird wie ein Weinglas - und hat eine entsprechende Firma gegründet. (APA, tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 1. 12. 2011)