Das "Einspiralen" zweier Schwarzer Löcher: Sie umkreisen einanander und kommen einander dabei unter Abstrahlung von Gravitationswellen immer näher, bis sie schließlich verschmelzen.
Illustration: Markus Thierfelder

Wien  - "Unser gesamtes Wissen über den Kosmos stammt von der Beobachtung elektromagnetischer Wellen wie Licht, Radiowellen oder Röntgenstrahlen. Die Beobachtung von Gravitationswellen wird uns ein neues Fenster zum Universum öffnen, das auch über seine 'dunkle Seite' Auskunft geben wird: "Schwarze Löcher, die ersten Sekunden des Universums, oder dunkle Materie", sagt Michael Pürrer von der Gravitationsgruppe an der Fakultät für Physik der Uni Wien.

Gravitationswellen, bereits von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt, dehnen und quetschen Raum und Zeit. Sie entstehen, wenn massereiche Körper beschleunigen, abbremsen, explodieren oder zusammenstoßen. Theoretisch zumindest - und auch wenn es kaum ernsthafte Zweifel an ihrer Existenz gibt, sind Gravitationswellen bislang doch noch nicht direkt gemessen worden.

In den vergangenen Jahren wurde zur ersten direkten Beobachtung von Gravitationswellen ein Netzwerk von speziellen Messinstrumenten errichtet. Dazu zählen beispielsweise das US-amerikanische LIGO ("Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory"), das französisch-italienische Virgo und das britisch-deutsche GEO600. Die Wissenschafter hoffen, in diesen Anlagen von den Gravitationswellen verursachte minimale Längenänderungen von Tunneln nachzuweisen, die kleiner sind als der Durchmesser von Protonen oder Neutronen. Um die Schwankungen der Tunnellängen zu registrieren, lassen sie in kilometerlangen Vakuumröhren Laserstrahlen laufen.

Vorarbeit

Zu diesem Forschungskomplex gehört auch die an der Uni Wien geleistete Arbeit: Hier soll der Zusammenstoß von Schwarzen Löchern simuliert werden. Die genaue Vorhersage der Gravitationswellen durch Computersimulationen soll dann dabei helfen, das Signal von zwei Schwarzen Löchern aus dem Rauschen der Detektoren herauszufiltern und zu analysieren sowie die Quelle der Signale zu identifizieren. Wenn ab 2015 die nächste Generation von Gravitationswellendetektoren ihren Betrieb aufnimmt, sollen die Ergebnisse des laufenden Projekts zur Beantwortung von wichtigen offenen Fragen beitragen: Beispielsweise ob die Objekte, die in diesen kosmischen Kollisionen erzeugt werden, wirklich Schwarze Löcher sind - oder gar exotischere Objekte wie nackte Singularitäten, also Punkte der Raumzeit mit maximaler Krümmung, die keinen Ereignishorizont wie ein Schwarzes Loch haben.

Das Projekt, an dem die Wiener Physiker beteiligt sind, ist eines von 24 europäischen Vorhaben, die im Rahmen der PRACE-Initiative für Berechnungen auf Europas schnellsten Supercomputern ausgewählt wurden. Das insgesamt aus mehr als 20 Physikern von sechs verschiedenen Forschungseinrichtungen bestehende Team erhält dafür 16,7 Millionen Stunden Computerzeit, das entspricht laut Aussendung mehr als 1.900 Prozessoren, die ein Jahr lang laufen. (APA/red)