Fahndungsplakat und Aufruf zur Mithilfe auf der Seite des BKA.

Foto: BKA

Karlsruhe - Mit einem Fahndungsplakat sucht die deutsche Bundesanwaltschaft nach weiteren Hintermännern und Unterstützern der Neonazi-Terrorgruppe Nationalistischer Untergrund (NSU). Bei der Aufklärung der Mordserie und der Durchleuchtung des rechten Netzwerkes setzten die Ermittler jetzt verstärkt auf die Unterstützung der Bevölkerung, sagte Generalbundesanwalt Harald Range am Donnerstag in Karlsruhe. Es sei durchaus denkbar, dass der Gruppe noch weitere Straftaten zuzurechnen seien.

Die Ermittler versuchten zurzeit, die Wege der Terroristen nachzuvollziehen, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke. „Noch gibt es zahlreiche Lücken." Gesucht werden Zeugen, die die Verdächtigen auf Park- oder Campingplätzen gesehen haben oder Angaben über ihren Wohnort machen können. „Bislang kennen wir nur drei Wohnungen im Raum Zwickau", sagte Ziercke. Das Bundeskriminalamt (BKA) habe sich für die öffentliche Fahndung entschieden, weil bisher nur knapp 250 Hinweise eingegangen seien.

2.500 Beweisstücke

Die entscheidenden Hinweise ergäben sich bis dato aus der Auswertung von rund 2.500 Beweisstücken, die vor allem in der ausgebrannten Wohnung der Terrorzelle gefunden worden seien, sagte Ziercke. Bisher arbeiteten rund 420 Beamte bei der Fahndung, 50 weitere sollten hinzukommen. In der Bundesanwaltschaft sind nach Angaben von Range etwa zehn Staatsanwälte mit der Terrorzelle befasst.
Am Dienstag war mit Ralf Wohlleben ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der NSU in Untersuchungshaft genommen worden. Bei Wohlleben handelt es sich um einen früheren Funktionär der rechtsextremen Partei NPD.

Der NSU werden unter anderem neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern, ein Mordanschlag auf zwei Polizisten in Heilbronn, bei dem eine Polizistin starb, sowie mehrere Sprengstoffanschläge zur Last gelegt. Derzeit sitzen drei mutmaßliche Helfer der Gruppe in Untersuchungshaft - und außerdem die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe. Die zwei weiteren mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich nach derzeitigen Angaben am 4. November das Leben genommen.

Beziehungen zur NPD

BKA-Chef Ziercke zeigte sich überzeugt: „Wir werden noch weitere Beziehungen zur NPD entdecken." Die Folgerungen daraus müsse jedoch die Politik ziehen, sagte Ziercke mit Bezug auf die anhaltende Debatte über ein mögliches NPD-Verbotsverfahren. Ein erstes Verfahren hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2003 wegen der unklaren Rolle von V-Leuten (Verbindungsleuten) des Verfassungsschutzes in den NPD-Parteivorständen gestoppt.

Die Politik sieht nach der Festnahme von Wohlleben neue Chancen für ein Verbot der rechtsextremen NPD. Sollten Kontakte der NPD zur Neonazi-Zelle nachweisbar sein, könnte dies im Falle eines Verbotsverfahrens ein wichtiges Argument sein, hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich am Mittwoch gesagt.
Am Mittwochabend war auf Initiative von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht erstmals eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Verbotsverfahren in Magdeburg zusammengekommen. Das Gremium soll klären, ob ein neuer Verbotsantrag Erfolg haben kann. Stahlknecht sagte, die Entscheidung, ob ein neues NPD-Verbotsverfahren angestrengt wird, werde von den Innenministern auf der Innenministerkonferenz am 8. und 9. Dezember in Wiesbaden beraten. (APA/dpa)