Bild nicht mehr verfügbar.

Wladimir Antonow soll 470 Millionen Euro hinterzogen haben.

Foto: Reuters

Fußball, Auto, Flugzeug: Alles, wovon Buben träumen, hat Wladimir Antonow genutzt, um Geld zu machen. Er war Miteigentümer des Fußballklubs FC Portsmouth und der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic. Er besaß einen Sportwagenhersteller und Banken. Derzeit ist Antonow Hauptdarsteller in einem Betrugsskandal, der Behörden in vier Staaten beschäftigt und der zahllose Unternehmen und vielleicht sogar ganze Länder in den Abgrund reißen könnte.

Geboren wurde Antonow 1975 in Usbekistan. Sein Großvater Juri war als Mitentwickler der sowjetischen Atombombe eine Berühmtheit. Antonow studierte in Moskau Betriebswirtschaft, begann als Berater bei einer Bank. Seine große Stunde schlug 1998 in der Russlandkrise: Während Rubel und Aktienkurse fielen, erwarb er die Akademchimbank, "zu einem Spottpreis", wie er heute sagt. "Investieren, wenn die Welt ringsum zusammenbricht" wird zu seinem Geschäftsmotto. Nach und nach kaufte er sich mithilfe seines Vaters ein Imperium zusammen. Im Zentrum des Konglomerats stehen Bankbeteiligungen in Russland und im Baltikum.

Antonow ist ein passionierter Hobby-Rallyefahrer und überhaupt sportbegeistert. Privates und geschäftliches lassen sich nirgends so gut vereinbaren wie im Sport, und so baut er sich ein zweites Standbein auf, erwirbt Großevents (Golfturniere, Motorradrennen) und Sportklubs. Antonow wird kaufmännischer Direktor der Rallyeweltmeisterschaften.

Erste Gerüchte über seine Nähe zur Unterwelt tauchen auf, als er 2010 versucht, Anteile am maroden Autobauer Saab zu erwerben. Die schwedische Regierung lehnt ihn als Investor ab. Antonow geht in die Offensive und beklagt in einem Gastbeitrag in der "New York Times" die Diskriminierung russischer Investoren. Zu den Gerüchten rund um seine Person trug auch ein Mordanschlag auf den Vater bei.

Mitte November folgt die Wende im Leben des Russen: Die litauischen Behörden müssen eine seiner Banken, Snoras, notverstaatlichen. Antonow soll gemeinsam mit einem Partner 470 Millionen Euro unterschlagen haben.

Auch im finanziell schwachen Lettland fällt eine Antonow-Bank um, Air Baltic wird verstaatlicht und Antonow in London verhaftet. In Lettland werden zwölf seiner Autos und eines seiner Häuser konfisziert. Sorgen muss man sich nicht um ihn, er zählt nach wie vor zu den 200 reichsten Russen. Antonow ist verheiratet und hat zwei Kinder. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe; 3./4.12.2011)