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Zoran Milanovic, Wahlsieger

Foto: AP/Bandic

Zagreb - In Kroatien ist am Sonntag der prognostizierte Machtwechsel vollzogen worden. Bei den Parlamentswahlen hat das von den Sozialdemokraten (SDP) angeführte Mitte-Links-Parteibündnis "Kukuriku" den Sieg davongetragen und die bisher regierende national-konservative HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) von der Macht verdrängt. Neuer Premier dürfte SDP-Chef Zoran Milanovic werden.

Laut Angaben der staatlichen Wahlkommission bekommen die Sozialdemokraten (SDP), die Volkspartei (HNS), die Istrischen Demokraten (IDS) sowie die Pensionisten (HSU) 80 Sitze im Sabor (Parlament) und sichern sich so die absolute Mehrheit, für die sie 76 von 151 Sitzen benötigt hätten. Somit wird "Kukuriku" keinen Koalitionspartner brauchen.

Eine Wahlschlappe erlitt die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ), die mit 47 Sitzen, inklusive der drei der Auslandskroaten, im Sabor rechnen kann. Die zweitstärksten Oppositionsparteien sind die Arbeiterpartei (Laburisti) und die Partei für Slawonien-Baranja (HDSSB) mit jeweils sechs Mandaten. Die Bauernpartei HSS zieht mit einem Mandat in den Sabor ein, der pensionierte Pfarrer Ivan Grubisic mit zwei. Die Rechtspartei HSP, in Koalition mit zwei kleineren Listen, erhält ebenso ein Mandat. Die Serbenpartei SDSS erhält drei Minderheitenmandate von insgesamt acht. Die Sozialliberalen (HSLS) fliegen aus dem Parlament.

56 Prozent Wahlbeteiligung

Als Koalitionspartner infrage gekommen wäre eventuell die Arbeiterpartei (Laburisti), die von ihrem Erfolg - sechs Mandate - selbst überrascht war. Partei-Chef Dragutin Lesar, Vater von zwei arbeitslosen Söhnen, wollte jedoch keine Koalition mit Kukuriku eingehen. Die regierende, rechtskonservative Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) wird von der Regierungs- auf die Oppositionsbank wechseln. Sie hat dort 48 Mandate. Die HDZ bekommt auch drei Diaspora-Mandate dazu. Um Mitternacht waren mehr als 50 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die Wahlbeteiligung in Kroatien lag bei 56 Prozent.

Die Partei für Slawonien-Baranja HDSSB des verurteilten Kriegsverbrechers Branimir Glavas zieht mit Verstärkung in den Sabor ein, sie erhielt sechs Mandate. Im Sabor bleibt auch die Bauernpartei (HSS) mit drei Mandaten. Zwei Sitze bekommt laut ersten Ergebnissen die unabhängige Liste des pensionierten Pfarrers Ivan Grubisic. die Sozialliberalen (HSLS), die in den Exit Polls kein Mandate errungen hatten, ziehen demnach mit einem Mandat in den Sabor ein.

Schwierige Situation

Die neue Regierung übernimmt die Macht jedenfalls in keiner leichten Situation. Die Wirtschafts- und Finanzkrise, teils selbst verschuldet und teils von außen aufgebürdet, stellt sie vor eine harte Prüfung. An Popularität dürfte sie also bald wieder einbüßen - ein Grund, warum die HDZ-Regierung vor den Wahlen keine Reformen in die Wege geleitet hat. Die HDZ stolperte über zahlreiche Korruptionsaffären, deren Aufdeckung Parteichefin Jadranka Kosor allerdings eisern vorangetrieben hatte. Sie führte Kroatien auch bis zum Beitrittsvertrag mit der EU, doch dies wurde nicht belohnt. Die HDZ hatte mit einer Unterbrechung von drei Jahren (2000 - 2003) seit der Gründung des souveränen Staates Kroatiens 1991 die Geschicke des Landes bestimmt.

Zeit zum Handeln bleibe der neuen Regierung nur ein Jahr lang, sagte der Philosoph Zarko Puhovski. "Denn danach müssen sie sich wieder auf die neuen Wahlen vorbereiten".

Kroatien kämpft noch mit den Folgen der ersten Rezessionswelle und droht von der kommenden gnadenlos überrollt zu werden. Die Arbeitslosigkeit ist bei 18 Prozent. Das Wirtschaftswachstum ist in den vergangenen zwei Jahren geschrumpft, und wird nach Berechnung von Wirtschaftsforschern auf diesem Niveau bis 2013 stagnieren (kommendes Jahr 0,8 Prozent BIP-Wachstum).

Finanzpolitik am Prüfstand

Die Investitionen aus dem Ausland gingen seit Beginn der Krise stark zurück. Da sie in Kroatien überwiegend im Banken- und Versicherungssektor (vorwiegend italienische und österreichische Banken) getätigt wurden, ist auch die Finanzpolitik auf dem Prüfstand. Gegen den Abzug von Kapital ist das Land trotz seiner Gesetze und Mechanismen der Nationalbank nicht gefeit.

Bis März 2012 will Milanovic ein Budget erstellen, und den internationalen Institutionen (IWF und Weltbank) und der EU zeigen, dass "Kukuriku" es ernst meint, sagte er im APA-Interview. Kroatien droht eine Abstufung ihrer Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen. Bis dahin will die neue Regierung die Lage soweit in Ordnung bringen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) nicht gerufen werden muss.

Sowohl die konservative, als auch die Links-Regierung wollte, beziehungsweise will, die internationale "Hilfe" vermeiden. Milanovic verschwieg seinen Wählern nicht, dass die Situation noch schwieriger wird. Doch welche Maßnahmen er unternehmen will, sagte er nicht. "Wir sind nicht wie Griechenland, aber an der Kippe". "Kukuriku" hieß übrigens das Restaurant, in dem das Vier-Parteien-Bündnis geschmiedet wurde, erst später wurde der Ruf des Hahnes ("Kukuriku = Kikeriki") auch wahlkampfmäßig eingesetzt. (APA)